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Gisela Riescher / Beate Rosenzweig (Hrsg.)

Partizipation und Staatlichkeit. Ideengeschichtliche und aktuelle Theoriediskurse

Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2012 (Staatsdiskurse 23); 267 S.; 47,- €; ISBN 978-3-515-10281-0
In Übernahme der Postdemokratiediagnose und angesichts globalisierungsbedingt geschrumpfter staatlicher Handlungsmacht einerseits, der jüngst zu beobachtenden bürgerschaftlichen Politisierungen vom Arabischen Frühling – hier kurzerhand zu einem „demokratischen Frühling“ (13) erklärt – über Stuttgart 21 bis zur Occupy‑Bewegung anderseits, fragen die Herausgeberinnen nach dem Zusammenhang von Staatlichkeit und Partizipation sowie der Zukunft der Demokratie und „den Möglichkeiten ihrer fortgesetzten partizipativen Erneuerung“ (15). Zu diesem Zwecke sind elf Beiträge im Band versammelt, die in drei Sektionen – ideengeschichtliche beziehungsweise aktuelle Theoriediskurse und neue Partizipationsformen – eingeteilt werden. Diese Grenzziehung ist freilich fluid, wie etwa der ideengeschichtliche Aufsatz von Martin Baesler zeigt, der mit Skinner, Pocock und vor allem Pettit auch Vertreter des zeitgenössischen Republikanismus diskutiert. In staatstheoretischen Diskursen üblicherweise nach wie vor marginalisiert, erfährt durch die Abhandlung von Ursula Degener und Beate Rosenzweig auch eine feministische Perspektive Beachtung, wenngleich dem äußerst lesenswerten Beitrag die Partizipationsfrage etwas aus dem Blick zu geraten scheint. Seine Aktualität stellt der Band auch im dritten Teil unter Beweis: Möchte man im digitalen Zeitalter die Frage nach Demokratie und Partizipation zeitgemäß zur Diskussion stellen, ist eine Auseinandersetzung mit dem Internet und anderen elektronischen Medien unerlässlich. In diese Richtung geht der Beitrag von Steffen Albrecht, der sich jedoch auf Fragen des E‑Government beschränkt und neue Kommunikationsmöglichkeiten wie Facebook und Twitter – von Kairo bis New York die Katalysatoren der Politisierung schlechthin – oder sogenannte Liquid‑Democracy‑Software nicht thematisiert. Den Herausgeberinnen gelingt insgesamt aber ohne Frage die beanspruchte, ebenso vielschichtige wie kritische und theoretisch reflektierte Bestandsaufnahme gedachter und praktizierter Partizipationsformen. Angesichts einer zunehmend output‑orientierten Legitimation westlich‑liberaler Demokratien ist das nur zu begrüßen.
Paul Sörensen (SÖR)
Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Lehrstuhl für Politikwissenschaft/Politische Theorie, Universität Augsburg.
Rubrizierung: 5.41 Empfohlene Zitierweise: Paul Sörensen, Rezension zu: Gisela Riescher / Beate Rosenzweig (Hrsg.): Partizipation und Staatlichkeit. Stuttgart: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/223-partizipation-und-staatlichkeit_43654, veröffentlicht am 28.03.2013. Buch-Nr.: 43654 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken