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Florian Coulmas

Hiroshima. Geschichte und Nachgeschichte

München: C. H. Beck 2005 (Beck'sche Reihe 1627); 138 S.; 9,90 €; ISBN 3-406-52797-3
Der Direktor des Deutschen Instituts für Japanstudien in Tokio fasst in diesem Buch zusammen, nach welchen Kriterien Hiroshima als Schlüsselereignis der Geschichte des 20. Jahrhunderts eingeordnet wurde bzw. wird. Nicht von ungefähr stellt er dem Ganzen ein Zitat aus Akira Kurosawas Rashomon voran, in dem darauf hingewiesen wird, dass alle sich nur an das erinnerten, was ihnen angenehm sei. Japaner und Amerikaner bewerten bis heute Hiroshima nach gänzlich unterschiedlichen Kategorien. Die einen betonen eher die Opferperspektive, die anderen berufen sich darauf, den Krieg abgekürzt und im Endeffekt viele Menschenleben gerettet zu haben. In extremer Kürze fasst Coulmas die einschlägigen Argumente zusammen und kommt zu dem Schluss, dass die Entscheidung für den Atombombenabwurf in erster Linie politische Gründe hatte. Wie sehr die kollektive Erinnerung an Hiroshima in Japan und den USA auseinander klafft, zeigt Coulmas in kurzen Darstellungen von Orten der Erinnerung, von der Beschäftigung mit der Atombombe in Zeitungen und Filmen sowie anhand von Reaktionen intellektueller Zeitzeugen. Die restriktive Politik der Besatzungsmacht habe in vielerlei Hinsicht dazu beigetragen, dass sich in Japan ein Gefühl entwickelte als sei Hiroshima ohne Vorgeschichte. Bücher wie die von Mabsuji Ibuse, Kenzaburo Oe oder Takashi Nagai setzten dem jedoch differenziertere Sichtweisen entgegen. Dieses kann man der Darstellung des Atombombenabwurfs in japanischen und amerikanischen Schulbüchern jedoch nicht immer attestieren, wie Coulmas im entsprechenden Kapitel zeigt. Während in Japan die katastrophalen Folgen des Militarismus betont würden, unterstrichen amerikanische Schulbücher mit wenigen Ausnahmen die Perspektive vom legitimen Kriegsmittel. Den USA ginge es nicht um Geschichte, „sondern um Gegenwart, um Identität, Stolz und Legitimation politischen Handelns“ (115). Die Ideologie des gerechten Krieges könne jedoch „Massenmord legitimieren, wie in Hiroshima und Nagasaki“ (116).
Walter Rösch (WR)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 4.1 | 2.64 | 2.68 Empfohlene Zitierweise: Walter Rösch, Rezension zu: Florian Coulmas: Hiroshima. München: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/23314-hiroshima_26737, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 26737 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken