Politikwiss. Diss. Gießen; Gutachter: R. Seidelmann. – Worauf lässt sich die traditionell niedrige Beteiligung der deutschen Bevölkerung an den Europawahlen zurückführen? Die Autorin untersucht die Wechselwirkungen zwischen dem Wahlverhalten, der öffentlichen Wahrnehmung des Europäischen Parlaments und dem Einfluss der Medienberichterstattung auf das Wählerverhalten. In einem ersten Schritt wertet sie Wahlanalysen der beiden Europawahlen 1994 und 1999 aus, um eine detaillierte Kenntnis über die Wählerstruktur und über den Stellenwert des Europäischen Parlaments in der Öffentlichkeit zu erhalten. Danach analysiert sie die Berichterstattung ausgewählter Zeitungen (FAZ, SZ, Die Zeit) und Magazine (Der Spiegel, Focus) über die Europawahl und das Europäische Parlament hinsichtlich der drei Kriterien Legitimation, Akzeptanz und Wählerverhalten. Im Ergebnis zeigen sich verschiedene, sich gegenseitig beeinflussende Tendenzen, die Rückschlüsse auf die Motivation von Nichtwählern zulassen. Die politischen Parteien instrumentalisieren die Europawahl für bundespolitische Zwecke und eine Polarisierung europapolitischer Themen findet nicht statt. „Wo die Politik kaum kontroverse Konzepte anbietet, kann die Meinungsbildung durch die Medien weiteren Raum einnehmen und die politische Meinungsbildung – die von den Parteien nur ungenügend ausgefüllt wird – wesentlich übernehmen.“ (272 f.) Angesichts einer tendenziell negativen Berichterstattung, die sich auf Probleme, Kompetenzdefizite, Affären und Skandale bezieht, „liegt nicht fern zu vermuten“, dass diese „zu einer bestenfalls desinteressierten, schlimmstenfalls desillusionierten und ablehnenden Haltung gegenüber dem Europäischen Parlament führt“ (283). Abschließend erörtert Döhner Konsequenzen für die demokratische Willensbildung in Europa und Wege zur Verbesserung der Wahlbeteiligung.