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Günther Schlee

Wie Feindbilder entstehen. Eine Theorie religiöser und ethnischer Konflikte

München: C. H. Beck 2006 (Beck'sche Reihe 1720); 224 S.; 14,90 €; ISBN 978-3-406-54743-0
Schlee begründet einleitend, „warum wir eine neue Konflikttheorie brauchen“ (7). Mit dem Untertitel stellt er „eine Theorie religiöser und ethnischer Konflikte“ in Aussicht und nimmt sich vor, eine „neue Synthese von ökonomischen und soziologischen Perspektiven“ (35) zu entwickeln. Dies sei notwendig, um die populäre Ansicht zu widerlegen, dass ethnische Differenzen die Ursachen von Gewalt und Konflikten seien. Er kombiniert die Erklärungsansätze beider Sichtweisen, um eine genauere Konfliktanalyse zu ermöglichen. Dazu verbindet er die Untersuchung sozialer Identifikationsprozesse mit dem jeweiligen „Bezugsrahmen von Kosten-Nutzen-Analysen“ (51) und stellt fest, dass es in vermeintlich ethnischen Konflikten stets um den Zugang zu Ressourcen geht. Die im Untertitel des Buches angekündigte Theorie bleibt der Autor jedoch schuldig. Stattdessen bietet Schlee eine fundierte und mit vielen Beispielen illustrierte Abhandlung über Abgrenzungs- und Definitionskriterien im Identitätsbildungsprozess von Gruppen. Dazu untersucht der Afrikanist Schlee unterschiedliche Dimensionen sozialer Identifikation, namentlich Sprache, Ethnizität, Religion und Klanzugehörigkeit und zeigt Inklusions- und Exklusionsstrategien auf, mittels derer Identitätsgrenzen situativ definiert werden können. Abschließend unternimmt Schlee einen Ausflug in die Praxis und berichtet von seinen Tätigkeiten im somalischen Friedensprozess, welchen er exemplarisch für eine Konfliktanalyse beschreibt. Den Abschluss bildet ein weiterer Erfahrungsbericht, der sich wie eine Art Handbuch des Feldaufenthalts für Konfliktanalytiker liest. Insgesamt wirkt das Buch stark gestückelt, die einzelnen Kapitel und Abschnitte sind trotz der Überleitungen eher lose aneinandergereiht denn logisch kohärent. Ein Blick in die Literaturangaben bestätigt die Vermutung: Es handelt sich mehr um eine Aufsatzsammlung des Autors als um ein eigenständiges Werk.
Marius Sauter (MDS)
Student, Institut für Politikwissenschaft, Universität Tübingen.
Rubrizierung: 4.41 | 2.25 | 2.67 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Marius Sauter, Rezension zu: Günther Schlee: Wie Feindbilder entstehen. München: 2006, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/26664-wie-feindbilder-entstehen_31089, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 31089 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken