Bei der Privatisierung der Bahn war die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED), heute Transnet, ein zentraler Akteur. Als sozialpartnerschaftlich-konsensorientierte Gewerkschaft verfolgte sie die Strategie der Mitgestaltung. Die Autoren untersuchen die Gestaltungsoptionen und Einflussmöglichkeiten dieser Betriebsgewerkschaft. Sie fragen u. a. nach deren ordnungspolitischen Grundeinstellungen, den verbandsinternen Auseinandersetzungen sowie der mitbestimmungs- und tarifpolitischen Interessensdurchsetzung im Reformprozess. Die Studie ist im Rahmen eines größeren Forschungsvorhabens über die Reaktionsweisen von Gewerkschaften auf strukturelle Krisenerscheinungen entstanden, sodass hin und wieder Vergleiche mit Ergebnissen aus anderen Gewerkschaftsstudien angeführt werden. Sie füllt insofern eine Forschungslücke, als in der Verbandsforschung das Schwergewicht auf Industriegewerkschaften liegt, während „nach herrschender Meinung Berufs- und Betriebsgewerkschaften der Makel historischer Rückschrittlichkeit anhaftet.“ (13) Diese Untersuchung beweist das Gegenteil. Die Autoren zeichnen das Bild einer Betriebsgewerkschaft, „die die unterschiedlichen, teilweise einander widersprechenden Organisations-, Mitglieder- und ‚System’-Interessen miteinander zu vereinbaren suchte“ und in zwei verschiedenen Sphären agierte: „der Sphäre des politischen Verbands, der mit den Mitteln des politischen Lobbying industrie- und bahnpolitische Entscheidungen in seinem Sinne zu beeinflussen versucht, und der klassisch-gewerkschaftlichen Sphäre des Tarifverbands, der die wirtschaftlichen und sozialen Interessen seiner Mitglieder vertritt“ (317).