Die Würde des Menschen ist antastbar?
Mit der provokanten Frage im Titel machten die Mitglieder des Vereins der deutschen Strafverteidiger während ihrer Tagung 2004 in Maria Laach auf die Gefährdungen aufmerksam, denen die Menschenwürde gegenwärtig ausgesetzt ist. Die Rechtskultur habe sich „dramatisch verändert“ (1), an der Menschenwürde werde „gerüttelt“ (2), schreibt Regina Michalke in der Einleitung und zur Untermauerung dieser These werden eine Reihe von Beispielen genannt. Der in Artikel 1 des Grundgesetzes genannten Unantastbarkeit der Menschenwürde stehe die Schutzpflicht des Staates für die Bürger gegen gefährliche Menschen gegenüber. Doch diese Schutzpflichten dürften keine Rechtfertigung dafür sein, „die Menschenwürde in Einzelfällen abzudingen“ (3), heißt es weiter. Am Beispiel des Streits um die Regulierung der biomedizinischen Forschung, des Umgangs der forensischen Psychiatrie mit Grenzsituationen und der Behandlung von Strafgefangenen in Deutschland wird dieses Spannungsverhältnis in mehreren Beiträgen illustriert. Joachim Perels berichtet im Schlussbeitrag über Gegenpositionen zur Aushöhlung des Begriffs der Menschenwürde, die sich nicht nur in der Staatsrechtslehre, sondern auch in der Justiz finden. So werde in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Lauschangriff „die Unabdingbarkeit der Menschenwürde deutlich markiert“ (99).