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Peer Oliver Volkmann

Heinrich Brüning (1885-1970) Nationalist ohne Heimat. Eine Teilbiographie

Düsseldorf: Droste Verlag 2007 (Forschungen und Quellen zur Zeitgeschichte 52); 883 S.; geb., 58,- €; ISBN 978-3-7700-1903-8
Diss. Augsburg; Gutachter: G. Kronenbitter, A. Wirsching. – „Angesichts der Vita Brünings überrascht es, dass sich in Geschichtswissenschaft und Publizistik bis zum heutigen Tage die Vorstellung halten konnte, dass der Zentrumspolitiker 1930 die Kanzlerschaft angetreten habe mit der Absicht, die Errungenschaften von 1919, Republik und Demokratie, zu bewahren“ (758), schreibt Volkmann kritisch und räumt nicht nur mit möglichen Restbeständen positiver Erinnerung an diese zwei Jahre Reichskanzlerschaft auf. Er beschreibt mehr noch das fehlgeschlagene Leben eines Berufspolitikers, der im Zölibat lebte, um sich ganz seinem Vaterland widmen zu können, und doch blind war für die Zeit, in der er lebte. Brünings Selbsteinschätzung, er pflege sich „nicht zu ändern“ (755), kann Volkmann detailliert belegen. Für den überzeugten konservativen Katholiken und Monarchisten war die Weimarer Republik eine Staatsform der Niederlage, die parlamentarische Demokratie hatte seiner Ansicht nach den deutschen Weg der Verfassungsentwicklung unterbrochen. Seine hohe Wertschätzung für die Bismarck’sche Reichsverfassung bestand unbeschadet noch Anfang der fünfziger Jahre, als Brüning, der die NS-Zeit im Exil verbracht hatte, zwischenzeitlich Professor für Politische Wissenschaften in Köln wurde. Als Politiker der Weimarer Republik hatte sich Brüning zuvor hervorgetan als jemand, für den die Bevölkerung keine Rolle spielte und der als Kanzler die sozialen Folgen seiner radikalen Deflationspolitik bewusst in Kauf nahm. Steigende Arbeitslosenzahlen wurden allenfalls als außenpolitische Argumente wahrgenommen. Volkmann beschreibt das Scheitern Brünings, der keine konservativen Mehrheiten zustande brachte, sein Schweigen zum NS-Regime und seine anschließenden Versuche, die NS-Verbrechen zu relativieren. Ihn habe vor allem sein politischer Traum interessiert, Protestantismus und Katholizismus auszusöhnen, nach dem Krieg hätte er auch gerne wieder ein hohes politisches Amt eingenommen. Aber weder baten ihn die Alliierten, noch riefen ihn die Deutschen.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.3 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Peer Oliver Volkmann: Heinrich Brüning (1885-1970) Düsseldorf: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/27505-heinrich-bruening-1885-1970_32260, veröffentlicht am 03.04.2008. Buch-Nr.: 32260 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken