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Florian Coulmas

Die Gesellschaft Japans. Arbeit, Familie und demographische Krise

München: C. H. Beck 2007 (Beck'sche Reihe 1770); 252 S.; 14,95 €; ISBN 978-3-406-54798-0
Japans Politik ist in der Vergangenheit nicht selten – und gewiss nicht ganz zu Unrecht – als Gerontokratie bezeichnet worden. Mittlerweile ist nicht zu übersehen, dass die japanische Gesellschaft insgesamt mehr und mehr von den Alten dominiert wird. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei 81 Jahren, die Geburtenrate bei gerade einmal 1,29 Kindern pro Frau. Coulmas stellt die Konsequenzen dieses demografischen Prozesses in den Mittelpunkt seines informativen Überblicks über die wichtigsten Entwicklungen der japanischen Gesellschaft. Die Folgen der Alterung sind „so mannigfaltig, dass davon kein gesellschaftlicher Bereich, keine Institution und kein Individuum unberührt bleiben.“ (10) Japan erlaubt in diesem Sinne einen Blick in die Zukunft entwickelter Industriegesellschaften. Weniger Kinder bedeuten geringere Beitragsleistungen für die sozialen Sicherungssysteme. Fixpunkte sozialer Beziehungen wie die Familie verlieren ihre Bindungswirkung, weil Einpersonenhaushalte zunehmen, die Familien durch die Zwänge einer veränderten Arbeitsgesellschaft weit übers Land verstreut sind und die Frauenerwerbstätigkeit zunimmt. Einzelkinder können die Betreuung ihrer Eltern nicht übernehmen und schon gar nicht zusätzlich noch Kinder erziehen. So werden soziale Netzwerke immer mehr zu einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe. In der Tat haben solche gesellschaftlichen Angebote in Japan immer mehr zugenommen, bis hin zu Projekten, in denen rüstige Senioren eine Aufgabe darin finden, die Kinder arbeitender Eltern in Kindergärten und Tagesstätten zu betreuen. Umgekehrt wird die Pflege der Alten mehr und mehr vergesellschaftet. Das Rentensystem, das auch in Japan im Wesentlichen auf dem Umlageverfahren basiert, wird gezwungenermaßen umgebaut. Und all diese Prozesse werden von einem politischen System gesteuert, in dem die Alten ein immer stärkeres Gewicht haben. Wohin die daraus resultierenden Spannungen die japanische Gesellschaft führen werden, ist noch offen. Coulmas sieht sie deshalb auch als eine Gesellschaft auf der Suche.
Walter Rösch (WR)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.68 | 2.2 | 2.262 | 2.263 Empfohlene Zitierweise: Walter Rösch, Rezension zu: Florian Coulmas: Die Gesellschaft Japans. München: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/28213-die-gesellschaft-japans_33186, veröffentlicht am 05.08.2008. Buch-Nr.: 33186 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken