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Susanne Koelbl / Olaf Ihlau

Geliebtes, dunkles Land. Menschen und Mächte in Afghanistan

Berlin: Siedler Verlag 2007; 318 S.; Ln., 22,95 €; ISBN 978-3-88680-878-6
Um was für ein Land, um welche Menschen geht es eigentlich, wenn von Afghanistan die Rede ist? Das Problem vieler Journalisten ist sicherlich, Urteile über ein Land fällen zu müssen, das in seiner Vielseitigkeit nur den wenigsten bekannt ist. Eine Ausnahme bilden die beiden Verfasser, die über detaillierte Kenntnisse, viele Kontakte und vor allem über langjährige Erfahrungen in Afghanistan verfügen, die bis zurück in die Zeit der sowjetischen Invasion Ende der 1970er-Jahre reichen. Eindrucksvoll und durchaus auch mit persönlicher emotionaler Nähe – wie im Titel schon anklingt – berichten die Verfasser vom Alltag der Menschen in Afghanistan, vom deutschen Elitesoldaten über einen Taliban-Aktivisten bis hin zu Präsident Karzai. Der einleitende Überblick über die wechselseitige und unruhige Geschichte Afghanistans lässt erahnen, dass der aktuelle Einsatz westlicher Alliierter so wie zuvor der Einmarsch der Sowjetunion nur die jüngsten Entwicklungen in einer Geschichte sind, in der dieses asiatische Kernland aufgrund seiner strategischen Bedeutung schon immer umkämpft gewesen ist. Aber auch wirtschaftliche Blütezeiten in einzelnen Regionen waren immer wieder vorzufinden. Die wechselseitige Geschichte korrespondiert mit der vielseitigen Kultur der paschtunischen Mehrheit, der sich die Autoren aus unterschiedlichen Blickwinkeln anzunähern versuchen: Ein archaischer Ehrenkodex verlangt einerseits aufopferungsvolle Gastfreundschaft – führt aber auch zur Bereitschaft, die so dem eigenen Schutz Anempfohlenen mit äußerster Härte zu verteidigen. Insgesamt entsteht das Bild eines Landes, dessen landschaftliche Schönheit und mannigfaltige Kultur einhergeht mit dem strategischen Interesse fast aller Großmächte der letzen Jahrtausende. Dass die Ambitionen aller Imperien und Ideologien zwar viel Gewalt über Afghanistan gebracht haben, gleichzeitig aber die stolze und wehrhafte Bevölkerung in dem größtenteils unwegbaren Land es noch jeder Schutzmacht unmöglich gemacht hat, es wirklich dauerhaft zu beherrschen, stimmt bezüglich der aktuellen politischen Situation mindestens nachdenklich.
Carsten Michael Nickel (CMN)
B. A., Politikwissenschaftler, wiss. Hilfskraft, Lehrstuhl für Internationale Politik, Ruhr-Universität Bochum.
Rubrizierung: 2.68 | 4.41 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Carsten Michael Nickel, Rezension zu: Susanne Koelbl / Olaf Ihlau: Geliebtes, dunkles Land. Berlin: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/28343-geliebtes-dunkles-land_33367, veröffentlicht am 02.04.2008. Buch-Nr.: 33367 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken