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Nele Noesselt

Die Beziehungen der EU zu China und Taiwan. Hintergründe und Perzeptionen

Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2008 (Politica 73); 215 S.; 78,- €; ISBN 978-3-8300-3531-2
Weshalb hat die Europäische Union zu keinem Zeitpunkt diplomatische Beziehungen zur taiwanesischen Regierung unterhalten? Zwar hat das Europäische Parlament die chinesische Taiwanpolitik immer wieder kritisiert, doch die allgemeinen Darstellungen der sino-europäischen Partnerschaft klammern die Taiwanproblematik überwiegend aus. Die Autorin erklärt dieses Phänomen mit dem von der VR China formulierten „Ein-China-Prinzip“ (12). Die VR China wird hierbei als alleinige legitime Vertretung ganz Chinas und Taiwan als unabtrennbar mit dem eigenen Territorium verbundene chinesische Provinz gesehen. China erwartet die kompromisslose Anerkennung dieses Grundprinzips von seinen Kooperationspartnern. Auch die EU fügt sich in diese Strategie. In der Einschwörung der europäischen Kooperationspartner auf die erste chinesische EU-Strategie im Oktober 2003 wurde die Zentralität des Taiwan-Aspekts trotzdem deutlich. Sie stärkt die bilateralen Beziehungen der VR China mit der EU als Ganzes, negiert aber die Grundidee europäischer Asienpolitik in Hinblick auf die Universalität der Menschenrechte und das Prinzip der „global governance“ (12). Ferner will die VR China eine unabhängige Taiwanpolitik der EU auf jeden Fall verhindern. Noesselt untersucht die von chinesischer Seite den Beziehungen mit der EU zugrunde liegenden Überlegungen und Modelle. Dies geschieht mithilfe eines leicht modifizierten, von einer subjektiven Wahrnehmung der äußeren Umwelt ausgehenden Perzeptionsansatzes. Noesselt wertet hierbei die Diskurse chinesischer Experten in politikwissenschaftlichen Fachzeitschriften aus. Abschließend differenziert sie zwischen drei Arten chinesischer EU-Perzeption. Die erste geht von einer multipolaren Weltordnung als positivem Gegenkonzept zur Hegemonie der USA aus, die zweite ist auf die als harmonisch empfundenen sino-europäischen Beziehungen konzentriert, während die dritte durchaus die Diskrepanz zwischen artikulierter und tatsächlicher Haltung wahrnimmt.
Marinke Gindullis (MG)
Politikwissenschaftlerin.
Rubrizierung: 4.22 | 2.68 | 3.6 Empfohlene Zitierweise: Marinke Gindullis, Rezension zu: Nele Noesselt: Die Beziehungen der EU zu China und Taiwan. Hamburg: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/29333-die-beziehungen-der-eu-zu-china-und-taiwan_34697, veröffentlicht am 02.09.2008. Buch-Nr.: 34697 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken