Der Staat im Vorderen Orient. Konstruktion und Legitimation politischer Herrschaft
Der Sammelband dokumentiert als nachträglich bearbeitete Aufsatzsammlung eine Veranstaltungsreihe an der Universität Tübingen aus dem Wintersemester 2007/08. An dem interdisziplinären Projekt zum Staat im Vorderen Orient, seinen charakteristischen Merkmalen, seiner Geschichte und seinen Fähigkeiten waren Historiker, Politologen, Orientalisten und Religionswissenschaftler beteiligt. Sie nähern sich dem Untersuchungsobjekt, welches in der wissenschaftlichen Literatur einerseits als schwach und sozial wenig verankert, andererseits als starker, kontrollierender und autonomer Gewaltmonopolist beschrieben wird, zunächst aus der historischen Perspektive. Anhand von Einzelfallstudien wird der Staat im Vorderen Orient in seiner Entstehungsgeschichte dargestellt (das pharaonische Ägypten, der vorislamische Iran, das Byzantinische Reich, der jüdische Staat). Dies wird ergänzt um eine grundlegende Betrachtung zum Verhältnis von Staat und Religion im Islam. Der zweite Schwerpunkt der Beiträge liegt auf aktuellen Entwicklungsproblemen des Staates in der Region. Auch hier werden einerseits anschauliche Einzelfallstudien geliefert (Palästina, Türkei), andererseits übergreifende Themenfelder bearbeitet (Staat im Islamismus, Bürgerkriege im Vorderen Orient, Geschlechterordnungen). Deutlich wird, dass der Staat im Vorderen Orient als vorkapitalistisches System interpretiert werden kann, das den Ansprüchen in einer globalisierten Welt zwar nicht gerecht wird, in der Verteidigung seiner Machtmonopole hingegen außerordentliche Fähigkeiten entwickelt hat.