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Ulrich Schäfer

Der Crash des Kapitalismus. Warum die entfesselte Marktwirtschaft scheiterte und was jetzt zu tun ist

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2009; 326 S.; brosch., 19,90 €; ISBN 978-3-593-38854-0
Schäfer – Ressortleiter der Wirtschaftsredaktion bei der Süddeutschen Zeitung – ist überzeugt, dass die gegenwärtige Finanzkrise der Gipfelpunkt einer absehbaren Entwicklung des Kapitalismus ist. Er schildert die Geschichte dieser Krise des Kapitalismus, die sich an den Problemen der Schwellenländer in den 90er-Jahren bereits abzeichnete. Kurz nach der Jahrtausendwende, als die New Economy zusammenbrach, erreichte sie die Industrieländer. Mit den Erschütterungen des Frühjahrs 2007 in den USA sei die Finanzkrise nunmehr im Jahr 2008 global geworden. Das Problem nahm für Schäfer seinen Ursprung an den Finanzmärkten, denn „an die Stelle der sozialen Marktwirtschaft ist ein neues Modell getreten […]: die entfesselte Marktwirtschaft“ (15), deren Spielregeln nicht vom Staat, sondern eben von den Konzernen und Finanzmärkten bestimmt werden. Die Folgen sind nach Schäfer umfassend: schrumpfende Mittelschicht, wachsende Bildungsschere, ungerechte Einkommensverteilung, schwindendes Vertrauen in die Demokratie. Milton Friedman und Friedrich August von Hayek sind für den Autor die fatalen Vordenker der entfesselten Marktwirtschaft. Infolge ihrer Lehre habe sich der Staat zurückgezogen, die Finanzmärkte geöffnet, Gewerkschaften entmachtet und Staatskonzerne privatisiert. Ihnen gegenüber stellt Schäfer John Maynard Keynes und seine Lehre vom „starken, steuernden Staat“ (28). Entlang der Regierungen von Nixon, Thatcher, Reagan, Kohl und Schröder zeichnet der Autor die Geschichte der neoliberalen Gestaltung der Finanzmärkte. Schäfer stellt die Finanzkrise auch als Ausdruck einer „kranken Gesellschaft“ (218) dar und spricht von der „entrückten Elite“ (220), der er entschieden moralische Defizite vorwirft. So kommt infolge von Schäfers Beispielen in der Tat die Frage auf, wie viele Einzelfälle nötig sind, bis man nicht mehr von Einzelfällen reden kann. Für einen regulierten Kapitalismus und das Verhalten des Staats in der Krise fordert er u. a.: die Steuern für die Reichen zu erhöhen, den Banken Geschäfte außerhalb der Bilanzen und riskante Finanzprodukte zu verbieten sowie eine globale Finanzaufsicht oder Steuervorteile für Investitionen.
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.43 | 2.2 | 2.262 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Ulrich Schäfer: Der Crash des Kapitalismus. Frankfurt a. M./New York: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30212-der-crash-des-kapitalismus_35843, veröffentlicht am 03.03.2009. Buch-Nr.: 35843 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken