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Esther Donat / Ulrike Froböse / Rebecca Pates (Hrsg.)

'Nie wieder Sex' Geschlechterforschung am Ende des Geschlechts

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2009; 232 S.; brosch., 29,90 €; ISBN 978-3-531-16525-7
Bedingt durch die seit den 90er-Jahren einsetzende Entwicklung in der Geschlechterforschung, nicht allein die soziale Geschlechterrolle (Gender) als sozial konstruiert anzusehen, sondern eben auch das biologische Geschlecht (Sex), provozieren die Herausgeberinnen eingangs mit der Frage, ob denn folgerichtig Geschlecht heute nach Belieben wählbar und wandelbar sei. Oder anders: Wenn es kein Sex und damit kein Gender mehr gibt, wozu wird die Kategorie Geschlecht dann überhaupt noch benötigt? Und wäre eine Gesellschaft ohne die Zweiteilung in Frauen und Männer überhaupt denkbar? Diese Fragen, die eigentlich leitend für den Band sein sollten, werden bereits im Vorwort anhand des nicht ganz zutreffenden Beispiels der Vereinbarkeit beantwortet (bestehende staatliche Orientierung am klassischen Ein-Ernährer-Familienmodell versus spürbare Erosionen z. B. durch Patchworkfamilien, Alleinerziehende usw.). Das Fazit könnte also bereits an dieser Stelle gezogen und die Abkehr von Gender und Sex als rein theoretisch fundierter Diskurs eingestuft werden, der bei weitem noch nicht in der gesellschaftlichen Realität angekommen ist. Zu diesem Ergebnis gelangen dann auch die vorgenommenen mikropolitischen Untersuchungen, die sich an den „Ort[...] der Macht“ (15) begeben, d. h. die konkreten, täglich re-produzierten Konventionen zur Herstellung von Geschlecht analysieren. In einem leicht als Sammelsurium zu verstehenden Untersuchungsquerschnitt an Lebens- und Arbeitsbereichen (von Prostitution bis zum ukrainischen Frauenbild) versuchen die Autorinnen beispielhaft zu belegen „wie Menschen in bestimmten organisatorischen Konstellationen durch besondere Beziehungen, Techniken, Trainingsformen und -praktiken dazu ermutigt werden“ (16) Geschlecht zu erwerben. Letztlich gelangen die Autorinnen – nicht ganz unvorhersehbar – an den Ausgangspunkt zurück, nämlich dass „Nie wieder Sex“ als Zuschreibungskategorie zu verwenden noch lange Zeit gesellschaftliche Utopie bleiben dürfte.
Eva Voß (EV)
Dr., Politikwissenschaftlerin, Senior Referentin für Diversity Management bei der Bertelsmann AG.
Rubrizierung: 2.27 | 2.314 | 2.61 | 5.42 Empfohlene Zitierweise: Eva Voß, Rezension zu: Esther Donat / Ulrike Froböse / Rebecca Pates (Hrsg.): 'Nie wieder Sex' Wiesbaden: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/30461-nie-wieder-sex_36165, veröffentlicht am 29.04.2009. Buch-Nr.: 36165 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken