Hans Koschnick – Jahrgang 1929 – erfuhr öffentliche Aufmerksamkeit zunächst wegen seines Alters: Er war jüngster Innensenator und jüngster Regierungschef eines Bundeslandes. Seinen schnellen politischen Aufstieg rechtfertigte er durch viel beachtete politische Leistungen und Standfestigkeit in Krisensituationen. Nicht allein als Bürgermeister Bremens sammelte er Meriten, sondern auch als Bundespolitiker. Als er nach 18-jähriger Amtszeit in den Bundestag wechselte, gehörte die internationale Politik zu seinem Arbeitsfeld. Er war außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion und galt zeitweilig sogar als potenzieller Kandidat für das Amt des Außenministers. Die Bremer Journalistin Müller-Tupath beschreibt das politische Leben Hans Koschnicks in spannender Weise, ihre Aussagen stützt sie auf eine Fülle von Interviews mit namhaften Politikern. Der interessanteste Teil des Buches ist der, in dem sie Koschnicks Zeit zwischen 1994 und 1996 als EU-Administrator für Mostar in Bosnien-Herzegowina schildert. Er war mit der Koordination des Wiederaufbaus, der Verwaltung und Infrastruktur der kriegszerstörten Stadt beauftragt. Dort erwarb er schnell große Anerkennung bei der muslimischen Bevölkerung, die ihn bereits nach kurzer Zeit „liebevoll ‚Hassan Koschnick’“ (237) nannten. Die kroatischen Bewohner Mostars seien hingegen nicht alle so begeistert von dem deutschen EU-Administrator gewesen, berichtet Müller-Tupath. Zwei Mal versuchten kroatische Nationalisten Anschläge auf Koschnick zu verüben, er blieb jedoch in beiden Fällen unverletzt.