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Julie Trappe

Rumäniens Umgang mit der kommunistischen Vergangenheit. Eine Untersuchung aus strafrechtlicher Perspektive

Göttingen: Wallstein Verlag 2009 (Diktaturen und ihre Überwindung im 20. und 21. Jahrhundert 3); 280 S.; brosch., 28,- €; ISBN 978-3-8353-0441-3
Rechtswiss. Diss. HU Berlin; Gutachter: J. Arnold, P.-A. Albrecht. – Rund 100 Strafverfahren im Zeitraum 1989-2008 bilden die Grundlage für die Untersuchung der strafrechtlichen Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit Rumäniens. Die Recherche könne als Pionierarbeit bezeichnet werden, da das Forschungsthema bei rumänischen Ansprechpartnern „mitunter auf Ablehnung stieß“ und, so die Autorin, die Dokumentensuche bisweilen ein „Gefühl des Unbehagens auslöste“ (14). Bei der Analyse dieser Strafverfahren steht die Frage im Mittelpunkt, wie im postkommunistischen Rumänien Unrecht und Systemunrecht definiert wird und welche Rolle die Justiz bei der Aufarbeitung und Wiedergutmachung eingenommen hat. Für die Beurteilung dessen, was nach einem Systemwechsel als Systemunrecht gilt, bedarf es der Herausbildung eines Maßstabswechsels. Der Transitionsjustiz muss insofern eine Transition vorausgehen. Trappe stellt fest, dass sich zwar in der strafrechtlichen Aufarbeitung ein Maßstabswechsel vollzogen hat, doch wurde dieser nicht offengelegt. Ein Bezug darauf, dass es sich in den Verfahren um Fälle von Systemunrecht handelte, sei nicht hergestellt und die gesellschaftspolitische Umbruchsituation weitgehend ausgeklammert worden. Zudem sei der strafrechtliche Aufarbeitungsprozess von einer „halbherzigen Rehabilitierung“, einer „heimlichen Verjährungsdiskussion“ (227) und einem fehlenden vergangenheitspolitischen Konzept geprägt gewesen. Die Autorin führt diese „Zurückhaltung der Justiz und der Politik, staatsgestütztes Unrecht zu ahnden“ (232) u. a. auf die personelle Kontinuität nach 1989 zurück. Die Umstände der Revolution von 1989 sind bis heute nicht geklärt. Der Umgang mit dem kommunistischen Erbe wurde auf offizieller Ebene erst mit dem politischen Wechsel von 2004 zum Thema gemacht und im April 2006 berief Präsident Băsescu eine Kommission zur Analyse der kommunistischen Diktatur ein. Daher, so die Autorin, könne man von einer rumänischen Vergangenheitspolitik erst seit 2006 sprechen.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.61 | 2.2 | 2.23 | 2.21 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Julie Trappe: Rumäniens Umgang mit der kommunistischen Vergangenheit. Göttingen: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31056-rumaeniens-umgang-mit-der-kommunistischen-vergangenheit_36926, veröffentlicht am 25.01.2010. Buch-Nr.: 36926 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken