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Ondřej Kalina

Ein Kontinent – eine Nation? Prolegomena zur Bildung eines supranationalen Demos im Rahmen der EU

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2009; 515 S.; brosch., 59,90 €; ISBN 978-3-531-16821-0
Politikwiss. Diss. Passau; Gutachter: H. Oberreuter, H. Hansen, D. Göler. – Kalina sieht eine Diskrepanz zwischen der politischen Institutionalisierung und der gesellschaftlichen Mobilisierung in der EU und fragt, wie und in welcher Form die sich daraus ergebende demokratische Legitimationslücke durch ein spezifisches europäisches Nationbuilding geschlossen werden kann. Sein Ziel ist nicht die Entwicklung eines an der aktuellen EU-Governance orientierten Konzeptes, sondern die Erarbeitung von an den tradierten Demokratieverständnissen der einzelnen europäischen Bevölkerungen orientierten Strategien. „Ist für ein demokratisches politisches System auf der Ebene der Europäischen Union der Prozess eines Nationbuildings erforderlich, während dessen ein demotisches Gemeinschaftsgefühl gestiftet und neue, gleichsam europäische Legitimationsquellen erschlossen werden?“ (22) Kalina steckt zunächst einen theoretischen Bezugsrahmen ab – um die Begriffe der Legitimation, des Nationbuildings und des Demos. Darauf aufbauend diskutiert er die Klassifizierbarkeit der EU als politisches System sowie die Anwendbarkeit der Staaten- und Nationenbildungstheorie auf den Prozess der europäischen Integration. Darüber hinaus evaluiert er die Grundlagen einer sogenannten europäischen demotischen Identität sowie einer europäischen Öffentlichkeit. Im System der EU sieht er hartnäckige Heterogenitäten, die sowohl den ungesteuerten Ablauf eines Nationbuildings als auch die Entwicklung eines soziostrukturellen Substrates unwahrscheinlich machten. Er schränkt ein, dass die Entwicklung einer gemeinsamen politischen Identität über gemeinsame Interessen, Projekte und geteilte Werte trotzdem denkbar sei. Demnach sollte ein europäisches Nationbuilding nicht a priori als unbewältigte Aufgabe verstanden werden, die die prozesshafte Natur jeglicher Systembildung verkenne. Kalina prognostiziert ein Festhalten der EU an ihrer primär auf temporären institutionellen Lösungen basierenden Integrationslogik.
Marinke Gindullis (MG)
Politikwissenschaftlerin.
Rubrizierung: 3.1 | 3.3 | 3.4 | 5.41 Empfohlene Zitierweise: Marinke Gindullis, Rezension zu: Ondřej Kalina: Ein Kontinent – eine Nation? Wiesbaden: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31717-ein-kontinent--eine-nation_37793, veröffentlicht am 28.01.2010. Buch-Nr.: 37793 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken