Diss. Salzburg; Gutachter: A. Lichtblau, Gutachterin: I. Bauer. – Göllner interessiert „die Etablierung, Funktionalisierung, Transformation und Aktualisierung von Narrativen im politischen Diskurs [...], wobei er Opfernarrative“ (12) in den Mittelpunkt stellt. Die öffentliche Meinung in Österreich sei in der Nachkriegsphase lange Zeit vom Opfermythos bestimmt gewesen, das Land habe sich als Opfer einer unbeeinflussbaren Entwicklung gesehen. Wie sich diese im Laufe der Zeit verändert hat, zeigt der Autor mithilfe einer Analyse von stenografischen Protokollen der Nationalratsdebatten. Die Waldheim-Debatte könne, so der Autor, als Beginn der Erosion der Opferthese in Österreich angesehen werden. „Die Affäre habe ‚Österreich aus seinem selbstgefälligen Opfer-Mythos-Schlaf’ geschüttelt“ (247). Die Widersprüche der österreichischen Opferthese und des Bildes einer österreichischen Opfergemeinschaft seien offensichtlich geworden, die Diskussion des österreichischen Umgangs mit der nationalsozialistischen Vergangenheit habe sich in der Folge verändert und die Kritik an der Opferthese sei gewachsen. Dies führt Göllner vor allem auf die Rolle der Grünen zurück, deren Einzug in den Nationalrat sich als „entscheidender Impuls“ (556) für eine offene Auseinandersetzung mit der österreichischen Geschichte im Parlament herausgestellt habe. Anders als die ÖVP hätten auch Teile der SPÖ den bisherigen Umgang mit der Vergangenheit kritisiert. Es habe in den Achtzigern „erste Bekenntnisse zu einer zumindest moralischen Mitverantwortung an den Verbrechen des Nationalsozialismus“ gegeben und somit sei eine „Gegenerzählung zum Opfermythos, die Mitverantwortungsthese“ (557), im Erinnerungsdiskurs etabliert worden. Insgesamt habe sich die politische Kultur in Österreich erheblich verändert.