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Nebi Kesen

Die Kurdenfrage im Kontext des Beitritts der Türkei zur Europäischen Union

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2009 (Nomos Universitätsschriften: Politik 169); 343 S.; brosch., 59,- €; ISBN 978-3-8329-4818-4
Politikwiss. Diss. Zürich; Gutachter: H. Kriesi, H. L. Kieser. – Auf dem Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs in Helsinki 1999 wurde über die Beitrittskandidatur der Türkei positiv entschieden und trotz aller Diskussionen haben damit beide Seiten den Weg zu einer Vollmitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union eingeschlagen. Doch, so führt der Autor einführend aus, habe es die Türkei trotz dieses Prozesses versäumt, ihre Kurdenpolitik grundlegend zu ändern und ebenso habe es die EU bisher vermieden, eine eigene umfassende Strategie in der Kurdenfrage zu entwickeln. Die EU würde unter Beibehaltung des Status quo in der Kurdenfrage „in einen internationalen Konflikt verwickelt, dessen Gefahren und Risiken“ (26) nicht unterschätzt werden dürfen. Dabei, so Kesen, wäre gerade die EU zu einer Vermittlerrolle prädestiniert. Vor diesem Hintergrund des Beitrittsprozesses, der innerpolitischen Situation der Türkei und der Haltung der Europäischen Union untersucht der Autor die Kurdenfrage in der Türkei. Als zentrale Problembereiche des Beitrittsprozesses benennt er das außenpolitische Thema des Zypern-Konflikts, das türkische Demokratie-Modell, die politische Rolle des Militärs, den als Staatsideologie verankerten Kemalismus und die Minderheitenpolitik. Der Kemalismus diene vor allem dazu, die Einschränkungen der demokratischen Rechte und Freiheiten zu rechtfertigen, so Kesen. Denn unter Berufung auf die Prinzipien des Unitarismus und Laizismus werde jede Diskussion von Minderheitenrechten verhindert. Insofern sei „die Aufgabe der post-kemalistischen Staatsideologie“ eine der „Grundvoraussetzungen für eine friedliche Lösung der Kurdenfrage“ (134). Mit Blick auf die Rolle der internationalen Gemeinschaft resümiert der Autor kritisch: „Aus Rücksicht auf eigene politische und wirtschaftliche Interessen hat die Staatengemeinschaft die Forderungen der Kurden […] ignoriert“ (209). Doch auch die Kurden hätten es bisher versäumt, eine eigene EU-Politik zu formulieren. Kesen plädiert abschließend für eine Realisierung föderaler Strukturen in der Türkei mit Unterstützung der EU, um so die Rechte der Kurden zu sichern und den Konflikt zu entschärfen.
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.63 | 4.22 | 3.6 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Nebi Kesen: Die Kurdenfrage im Kontext des Beitritts der Türkei zur Europäischen Union Baden-Baden: 2009, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/31915-die-kurdenfrage-im-kontext-des-beitritts-der-tuerkei-zur-europaeischen-union_38060, veröffentlicht am 01.04.2010. Buch-Nr.: 38060 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken