Magisterarbeit in Europäischer Ethnologie Münster. – Welche Bedeutung hat der Sturz eines Denkmals in Zeiten politischer Umbrüche? Greßhake identifiziert diesen Akt zuerst einmal als Verdrängung der Vergangenheit, die Umstürzler wollten symbolisch Platz schaffen für eine neue politische Ordnung. Als Beispiele werden verschiedene Denkmalstürze seit dem Sturm auf die Bastille genannt, als besonders eindrucksvoll erscheint dabei der Sturz der Stalin-Statue 1956 in Budapest. Von diesen spontanen Taten grenzt der Autor die geplanten Denkmalstürze ab, als herausragendes Beispiel wird die Demontage des Lenin-Denkmals in Berlin-Friedenshain 1991 genannt, die auf einen Beschluss des Senats hin und nach hitziger öffentlicher Diskussion geschah. Diesen Abbau erkennt Greßhake als Folge eines der spezifischen Charakteristika der friedlichen Revolution: Die DDR-Bürger ließen sämtliche sozialistischen Denkmäler unbehelligt und konzentrierten sich im Umsturz auf die Mauer. In seinem abschließenden Versuch eines Theorieentwurfs ordnet Greßhake den Denkmalsturz in die Geschichte der Ehrenstrafen seit der Antike ein, auch im Mittelalter seien die Menschen der Auffassung gewesen, dass das, was der Statue geschehe, gewissermaßen auch dem Dargestellten widerfahre. Mit dem Denkmalsturz gehe es deshalb darum, „alte Deutungsmonopole und Gedächtnisrahmen aufzusprengen“ (116). Der Sturz – und auch zuvor die Errichtung – eines Denkmals „nehmen wichtige Funktionen bei dem Aufbau eines Referenzsystems für die Gesellschaft ein“ (115) und seien damit als ein Übergangsritual zu verstehen.