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Dong-Ki Lee

Option oder Illusion? Die Idee einer nationalen Konföderation im geteilten Deutschland 1949-1990

Berlin: Ch. Links Verlag 2010; 460 S.; EUR 39,90 €; ISBN 978-3-86153-607-9
Diss. Jena; Gutachter: L. Niethammer, R. Gries. – Der Autor versäumt es, die zentrale Frage in den Mittelpunkt seiner Überlegungen zu stellen: Könnten eine Demokratie und eine Diktatur überhaupt sinnvoll eine Konföderation bilden? Würde nicht das Streben, das jeweilige eigene politische System auszuweiten, eine echte Kooperation per se unmöglich machen? Aber diese existenziellen politischen Fragen spielen für Lee keine Rolle, vermutlich aus einem pragmatischen Grund. Er untersucht die (Ideen-)Geschichte deutsch-deutscher Konföderationspläne vor dem Hintergrund der Frage, ob sich für das geteilte Korea irgendwelche Schlüsse ziehen lassen. Die Antwort kann nicht anders als verneint werden, eben weil grundlegende Überlegungen zu Demokratie und Diktatur fehlen. Lee stellt zudem die Erklärung für „den Misserfolg des Konföderationskonzepts“ auf deutsche Besonderheiten ab: Ein wichtiger Grund sei „ein asymmetrisches Teilungsverhältnis“ (400) gewesen, die DDR sei immer in der politisch und wirtschaftlich schwächeren Position geblieben. Außerdem sei „die Nichtrealisierbarkeit einer nationalen Konföderation in Deutschland im Zusammenhang mit der allgemeinen Begrenztheit des Nationalen in der deutschen Nachkriegszeit [zu] erklären“ (401). Meint der Autor damit, es habe nur am richtigen nationalen Willen gefehlt? Dann hätten sich die Deutschen vor allem den Ideen von „eigensinnige[n] Außenseiter[n] und Querdenker[n] aus dem konservativen Lager“ (397) unterordnen müssen, etwa dem damaligen Politiker der Bayern-Partei Hermann Etzel, der zwei Jahre nach der Niederschlagung des Aufstands am 17. Juni 1953 die Idee eines föderativen Staatenbundes entwickelte. Wie wenig durchdacht dessen und ähnliche von Lee vorgestellte Konzepte waren, zeigt sich allein daran, dass einige Ideen nach Darstellung des Autors von Ulbricht aufgegriffen wurden und in seinen eigenen Konföderationsvorschlag einflossen – dieser aber unverkennbar auf die internationale Anerkennung der DDR zielte und damit auf eine Vertiefung der Teilung. Als einziger ernst zu nehmender Vorschlag könnte Kohls Zehn-Punkte-Programm vom November 1989 angesehen werden, das Lee ausdrücklich lobt. Er muss aber zugeben, dass es praktisch schon zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung von der Geschichte fortgespült war.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.31 | 2.314 | 2.313 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Dong-Ki Lee: Option oder Illusion? Berlin: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32913-option-oder-illusion_39314, veröffentlicht am 22.12.2010. Buch-Nr.: 39314 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken