Konstitutionalisierung und Normativität der europäischen Grundrechte
Die Europäische Union wird oftmals als Wertegemeinschaft oder spezifischer als Grundrechtsunion bezeichnet. Damit wird der Anspruch verbunden, dass die EU nicht nur ein Binnenmarkt ist, sondern auch eine Gemeinschaft, in der das Bekenntnis zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und zu den Grundrechten eine zentrale Rolle spielt. Mit dem Inkrafttreten des Lissabonner Vertrages 2009 hat sich diese Entwicklung insofern positiv verändert, als die europäischen Grundrechte eine neue Bedeutung erlangt haben. Seither verfügt die EU über einen rechtsverbindlichen Grundrechtekatalog. Obwohl die Konstitutionalisierung der europäischen Grundrechte mit diesem Schritt scheinbar abgeschlossen ist, haben sie paradoxerweise an Normativität eingebüßt, so die These Terhechtes. Diese nimmt er zum Ausgangspunkt einer Betrachtung der Rolle der Grundrechte im Kontext der europäischen Integration „aus der Perspektive ihrer ‚Verfassungswerdung’“ (9). Er geht weit zurück, indem er die Ursprünge der europäischen Grundrechte beschreibt. Terhechte fragt nach dem Zusammenhang zwischen Grundrechtsidee und Integrationsvertiefung, widmet sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu den europäischen Grundrechten und schildert den Prozess der Entstehung der Grundrechtecharta. Thematisiert wird das Verhältnis zwischen der europäischen Grundrechtecharta und den auf nationaler Ebene garantierten Grundrechten sowie zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Abschließend geht es um die prozessuale Bedeutung der europäischen Grundrechte. Seine Ausgangsthese sieht Terhechte aufgrund der Untersuchung bestätigt.