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Georg Kristian Kampfer

Die Europäische Union auf dem Weg zu einem Bundesstaat? Von der föderalen Struktur der Europäischen Union und der Europäisierung der Außenpolitik

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2010 (Schriften des Zentrum für Europäische Integrationsforschung 73); 353 S.; 69,- €; ISBN 978-3-8329-5694-3
Diss. Potsdam; Gutachter: H. Kleger, P. Karolewski. – Spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Vertrag von Lissabon sind Fragen, die sich mit der „Finalität“ des europäischen Integrationsprojektes beschäftigen, wieder ins Blickfeld der politischen und akademischen Aufmerksamkeit gerückt. Kampfer widmet sich in seiner handwerklich solide gearbeiteten Studie einem Thema, das in diesem Diskussionszusammenhang mit Fug und Recht als „Klassiker“ firmiert: Befindet sich die Europäische Union sich „auf dem Weg zu einem Bundesstaat“ (22)? Neben der Herausbildung der Herrschaftsstrukturen eines supranational verfassten föderalen Regimes interessiert ihn vor allem das Feld der Außenpolitik. Es dient Kampfer als Beispiel, um die zahlreichen Verflechtungen zwischen der nationalen und der europäischen Ebene darzustellen. Außerdem demonstriert es anschaulich, in welch ungeheurem Maße die EU selbst die vermeintlichen „Reservate“ souveräner (National-)Staatlichkeit zu beeinflussen vermag. Kampfer kommt zu dem Ergebnis, dass im EU-Kontext mittlerweile ein komplexes System der außenpolitischen Handlungsvollmachten und Funktionen entstanden ist, welches kaum noch als ein Forum klassischer diplomatischer Koordinierung betrachtet werden kann. Der Autor gelangt zu dem Schluss, dass die EU als „Bundesstaat im Werden“ (294) zu charakterisieren ist. Es bedarf somit keiner Spezialtheorie, um die EU und die Eigenarten ihres föderalen Regierungssystems zu verstehen. Vielmehr lassen sich die Erkenntnisse der vergleichenden Föderalismus-Forschung auch auf den EU-Kontext übertragen. Kampfer greift damit eine These auf, die in der politik- und rechtswissenschaftlichen Literatur seit den späten 60er-Jahren immer wieder vertreten worden ist. Eine klare Absage erteilt der Autor hingegen „sui generis“-Ansätzen, die die Einzigartigkeit der EU hervorheben. Kampfer ist davon überzeugt, dass derartige analytische Zugänge nicht zu einem besseren Verständnis der EU in Wissenschaft, Politik und Gesellschaft beitragen. Dies kann seiner Ansicht nach nur durch den Übergang zu einer bundesstaatlich ausgerichteten Reflexionsperspektive gelingen.
Jörn Ketelhut (JK)
Dr., Dipl.-Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg.
Rubrizierung: 3.1 | 3.2 | 3.6 Empfohlene Zitierweise: Jörn Ketelhut, Rezension zu: Georg Kristian Kampfer: Die Europäische Union auf dem Weg zu einem Bundesstaat? Baden-Baden: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33103-die-europaeische-union-auf-dem-weg-zu-einem-bundesstaat_39549, veröffentlicht am 04.01.2011. Buch-Nr.: 39549 Rezension drucken