Die Integration von Infrastrukturen wie Post, Telekommunikation und Verkehr im europäischen Wirtschaftsraum seit dem 19. Jahrhundert vergleichend zu untersuchen, war Gegenstand eines DFG-Projektes, das an der Universität Siegen und der TU Berlin durchgeführt wurde. Mit diesem Band werden in zehn Fallstudien Ergebnisse der Projektarbeit vorgestellt. Der Band ist in erster Linie für Historiker oder für historisch interessierte Politikwissenschaftler von Interesse. Beispielsweise wird nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden bei der Aushandlung internationaler Tarife in der Binnenschifffahrt, im Postwesen und in der Telekommunikation im 19. Jahrhundert gefragt. Die Motive, Probleme und Konflikte bei der Gründung des Weltpostvereins im Jahre 1874 analysiert Gunnar Wendt im Lichte politikwissenschaftlicher Theorien über die Entstehungsbedingungen internationaler Regierungsorganisationen. Diese Vereinsgründung stellt für ihn eine „administrativ-politische Integrationsleistung des 19. Jahrhunderts dar, mit der ein Paradigmenwechsel im internationalen Postverkehr einherging“ (38). Der Postsektor ist auch Gegenstand des Beitrags von Hans-Jürgen Bieling, der nach dem Einfluss der europäischen Integration bei den verschiedenen Formen der Reorganisation des Postsektors seit den 80er-Jahren fragt. Bieling beschreibt die Postreformen als einen relativ zäh verlaufenden Prozess der Kompromissfindung. Die Phase der Liberalisierung, Privatisierung und Deregulierung des Postsektors „scheint mittlerweile von einer Phase intensivierter […] Organisations- und Verteilungskonflikte überlagert zu werden“ (252). Gerold Ambrosius stellt abschließend dar, wie und warum die EU parallel zu den Liberalisierungs- und Privatisierungsbestrebungen im Dienstleistungssektor versucht, ein „gemeinschaftliches Konzept der Gemeinwirtschaftlichkeit“ (257) zu entwickeln.