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Thomas Zittel

Mehr Responsivität durch neue digitale Medien? Die elektronische Wählerkommunikation von Abgeordneten in Deutschland, Schweden und den USA

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2010 (Kommunikation in Politik und Wirtschaft 2); 267 S.; 49,- €; ISBN 978-3-8329-5368-3
Politikwiss. Habilitationsschrift Mannheim; Gutachter: P. Graf Kielmansegg, W. C. Müller. – Zittel möchte Ordnung in die vielstimmige Diskussion um elektronische Demokratie bringen: Inwiefern lässt sich tatsächlich eine quantitative oder qualitative Veränderung der demokratischen Strukturen nachweisen? Der Autor betont die Verbindung von empirischen und normativen Fragen: „Ohne den empirischen Bezug bleibt im Rahmen der normativen Debatte offen, ob das Konzept der elektronischen Demokratie praktische Bedeutung für Akteurshandeln hat. Blendet man umgekehrt den normativen Bezug im Rahmen der empirischen Debatte aus, bleibt die Frage nach der demokratietheoretischen Bedeutung der beobachteten empirischen Phänomene offen, der Begriff der elektronischen Demokratie gerät so zu einem Etikettenschwindel.“ (10) Exemplarisch untersucht Zittel die politische Repräsentation als zentrale Kategorie moderner Demokratien. Als normative Zielstellung der Repräsentation gilt die Responsivität, also der Grad der Übereinstimmung zwischen gesellschaftlichen Interessen und staatlichem Handeln. Zittel leitet ein empirisches Modell her, nach dem die neuen Medien selbst einen Anpassungsdruck auf die hier beispielhaft untersuchten Abgeordneten ausüben, dass diese aber von strategischen Überlegungen geleitet werden, die wiederum von institutionellen Anreizsystemen beeinflusst werden. „Parlamentarische Systeme, die auf starken Parteistrukturen beruhen, und Wahlsysteme, von denen geringe Anreize zu individualisierten Verhaltensformen ausgehen, setzen aus Sicht des hier entwickelten empirischen Modells elektronischer Demokratie geringe Anreize zur Nutzung der neuen medientechnischen Gelegenheiten.“ (247) Die Abhängigkeit der Internetnutzung von den institutionellen Anreizsystemen bestätigt Zittel durch Untersuchungen personalisierter Webseiten von Abgeordneten in Deutschland, Schweden und den USA in den Jahren 2000 und 2004 sowie durch qualitative Interviews mit Mitarbeitern von Abgeordneten weitgehend. Allerdings zeige sich auch ein autonomer Anpassungsdruck durch die neue Technik, der sich etwa in der mittlerweile weiten Verbreitung interaktiver Funktionen der Webseiten zeige, schreibt er, die aber in Deutschland und Schweden praktisch keine Rolle für die tatsächliche Kommunikation zwischen Parlamentariern und Bürgern spielten.
Markus Lang (ML)
Dr., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.222.3332.3312.612.64 Empfohlene Zitierweise: Markus Lang, Rezension zu: Thomas Zittel: Mehr Responsivität durch neue digitale Medien? Baden-Baden: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33107-mehr-responsivitaet-durch-neue-digitale-medien_39555, veröffentlicht am 19.11.2010. Buch-Nr.: 39555 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken