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Amartya Sen

Die Idee der Gerechtigkeit. Aus dem Englischen von Christa Krüger

München: C. H. Beck 2010; 493 S.; Ln., 29,95 €; ISBN 978-3-406-60653-3
Sens Grundbedingung für Gerechtigkeit ist das Vertrauen auf den öffentlichen Gebrauch der Vernunft. Mit dieser Idee reiht er sich in den philosophischen Gerechtigkeitsdiskurs ein und untermauert die Position früherer Arbeiten. Er greift auf seine Arbeiten zu Wohlfahrtsökonomie und Armutsbekämpfung zurück. Vernunft – so der Autor – umfasse eine Vielzahl konkurrierender Positionen über Recht und Unrecht. Sen bedient sich der Person des toleranten unparteiischen Beobachters von Adam Smith, der den „Augen der Menschheit“ (157) kritisch Ungerechtigkeit in globalen Belangen überprüfe. Die Idee elementarer Menschenrechte ist in dieser universalistischen Konstruktion schon enthalten. Die Demokratie stelle die einzig brauchbare Form der Verständigung und des Miteinander-Aushandelns der Vernunftträger dar, die auch nur zu Teillösungen einer gerechten Gesellschaft kommen können. Der Ökonom und Philosoph Sen konzentriert sich anders als John Rawls auf die Einschätzung der sozialen Verwirklichung von Gerechtigkeit, d. h. er beschränkt sich nicht auf die Etablierung gerechter Institutionen durch theoretische Gerechtigkeitsgrundsätze. Er entwickelt keine objektivierende Begründungshaltung, sondern ein auf das menschliche Leben konzentriertes Gedankenspiel, was Erwägungen zur Stärkung von Gerechtigkeit bereithält. Dabei geht Sen von pluralen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Interessen aus. Praktisch könne der öffentliche Gebrauch der Vernunft durch das individuelle Verständnis der Welt eingeschränkt sein. Der Mensch jedoch, der sich seiner Nächsten bewusst ist, agiere in sozialen Verhaltensnormen und erzeuge darin die Kooperation. Freiheit bedeute in diesem Sinn das Vermögen, seine Lebenschancen zu verwirklichen. Dazu müsse er befähigt werden. Der Befähigungsansatz bewerkstelligt das Vergleichen und Aushandeln von Gütern. Armut heißt demnach mangelnde Chancen zur Teilhabe. Nach Sen erhöht die Befähigung substanzielle Chancen, sie muss jedoch im Sinne der Gleichheit um faire Aushandlungsverfahren ergänzt werden.
Ellen Thümmler (ET)
Dr., Politikwissenschaftlerin, wiss. Mitarbeiterin, Institut für Politikwissenschaft, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 5.42 Empfohlene Zitierweise: Ellen Thümmler, Rezension zu: Amartya Sen: Die Idee der Gerechtigkeit. München: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33175-die-idee-der-gerechtigkeit_39652, veröffentlicht am 04.01.2011. Buch-Nr.: 39652 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken