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Peyman Jafari

Der andere Iran. Geschichte und Kultur von 1900 bis zur Gegenwart. Aus dem Niederländischen von Waltraud Hüsmert

München: C. H. Beck 2010; 223 S.; brosch., 19,95 €; ISBN 978-3-406-60644-1
Jafari holt weit aus und beginnt seine Darstellung mit der iranischen Geschichte des 19. Jahrhunderts und der Ära der Pahlavi. Er empfiehlt den Lesern gleich „mit Kapitel 4 oder 5“ (16) zu beginnen – aus guten Gründen, denn die Stärke des Buches liegt weniger in der historischen und theoretischen Auseinandersetzung mit dem im Iran herrschenden politischen System als in der Behandlung der gesellschaftlichen Ereignisse nach der Wahl von Ahmadinedschad im Jahr 2005. Verblüffend ist jedoch, dass der Autor den „Chomeinismus“ (98) nicht als fundamentalistisch bewertet, sondern eher als populistisch. Khomeini habe „neue Technologien, Industrien“ (98) befürwortet. Er übersieht dabei, dass in Fundamentalismustheorien die Aneignung moderner Technologien geradezu ein Merkmal darstellt, das die Existenz eines fundamentalistischen Staates beweist. Der Autor neigt dazu, die Verantwortung für das Scheitern der Demokratisierung und des Einlenkens der Politik in Bezug auf das Atomprogramm den USA zu geben. Der „politische und militärische Druck aus den USA“ (169) treibe die iranische Regierung dahin, in der Atomfrage nicht einzulenken. Jafari gibt der US-amerikanischen Politik sogar die Schuld dafür, dass die iranische Frauenbewegung unterdrückt worden sei. Auch die den Holocaust leugnende Konferenz, „Eine Welt ohne Zionismus“ (171) sei lediglich veranstaltet worden, um die Position des Präsidenten zu stärken. Der Iran sei eigentlich keine Gefahr für Israel und die einer iranischen Atombombe spielt er herunter – ein Problem, das für die westlichen Staaten zu einer Frage der Sicherheitspolitik geworden ist. Der Autor behandelt lediglich die innerislamistische Problematik und blendet die säkularen Kräfte, die ethnischen und religiösen Minderheiten, aus. Dafür beschreibt er die Repressionen gegen die Grüne Bewegung mit Solidarität. Jafari kommt zu dem Schluss, dass die Proteste vom Sommer 2009 „den Anfang vom Ende der Islamischen Republik“ markieren. Das Ende werde „ein langwieriger und schwieriger Prozess sein – aber es ist unvermeidlich“ (197).
Wahied Wahdat-Hagh (WWH)
Dr., Dipl.-Soziologe und Dipl.-Politologe.
Rubrizierung: 2.63 Empfohlene Zitierweise: Wahied Wahdat-Hagh, Rezension zu: Peyman Jafari: Der andere Iran. München: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33176-der-andere-iran_39655, veröffentlicht am 15.12.2010. Buch-Nr.: 39655 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken