Kulturwiss. Habilitationsschrift Halle‑Wittenberg. – Yalçin‑Heckmann liefert zum einen einen wichtigen Beitrag zur Aserbaidschanforschung, zum anderen eine vergleichende Grundlage für den Bereich der sozialökonomischen und ethnologischen Transformationsforschung im postsowjetischen Raum. Die ausführliche Analyse der aserbaidschanischen Agrarreform von 1996 und deren Auswirkungen auf den Umgang der ländlichen Bevölkerung mit dem neu zu bewirtschaftenden Privatbesitz verdeutlicht nicht nur die Herausforderungen auf dem Weg von der Plan‑ zur Marktwirtschaft, sondern vor allem auch die kulturelle und ethnologische Dimension derartiger Umbrüche, beispielsweise im Zuge von Migrationsbewegungen. Die Autorin untersucht vorrangig das Problem der ausbleibenden Bewirtschaftung von Landbesitz, der im Zuge der Agrarreform kostenfrei der Landbevölkerung übereignet wurde. In diesem Kontext fragt Yalçin‑Heckmann nicht nur nach den Auswirkungen des sozialistischen Erbes im Verhältnis von Kollektiv‑ zu Privateigentum, sondern auch nach der Notwendigkeit von staatlichen Anreizstrukturen für Privatbesitz, damit solche Reformen nachhaltig umgesetzt werden können. Dieses Erkenntnisinteresse bettet die Autorin in eine Theorie‑ und Methodenmatrix ein, bestehend aus Ansätzen aus der politischen Ökonomie, einer akteursorientierten Perspektive sowie einem auf Gerechtigkeitsfragen basierenden ökonomischen Modell. Darüber hinaus wirft sie einen umfassenden kulturwissenschaftlichen und ökonomisch‑anthropologischen Blick auf die historischen Entwicklungen der Region, um so die aktuellen Herausforderungen der Landprivatisierungen im Spannungsfeld der sowjetischen Vergangenheit und der autoritär geprägten Gegenwart erklären zu können. Die Habilitationsschrift besitzt nicht nur einen großen interdisziplinären Mehrwert, sondern stellt auch eine innovative Forschungsperspektive auf die Probleme postsowjetischer Transformationsgesellschaften dar.