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Stephan G. Hinghofer-Szalkay

Die Freiheit der politischen Meinungsäußerung. Ihre Entwicklung im österreichischen und britischen Verfassungsrecht und ihre staatsphilosophischen Wurzeln

Wien/Köln/Graz: Böhlau Verlag 2011 (Studien zu Politik und Verwaltung 98); 308 S.; 49,- €; ISBN 978-3-205-78622-1
Diss. Graz; Begutachtung: A. Prettenthaler-Zeigerhofer, W. Maull. – Die Forderung nach der Gewährung von Meinungsfreiheit gehört zu den klassischen und heute weitgehend für selbstverständlich erachteten menschen- beziehungsweise grundrechtlichen Forderungen. Jenseits der individuellen Ebene ist sie, wie es das Bundesverfassungsgericht schon in der Lüth-Entscheidung prägnant formuliert hat, allgemein für eine demokratische Ordnung „schlechthin konstitutiv“. Zugleich erweist sich aber gerade an diesem Grundrecht die Bedeutung des Regelungskontexts und der es umgebenden Rechtskultur. Pars pro toto zeigt dies etwa der Vergleich von Wahlkampfwerbung und -finanzierung, vor allem aber der Umgang mit nationalsozialistischem Gedankengut in den USA einerseits und Deutschland andererseits. Deshalb sind rechtsvergleichende Betrachtungen just in diesem Bereich verdienstvoll und versprechen erheblichen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn. In der Tat enthält die konkret auf das österreichische und das britische Recht bezogene Arbeit eine Fülle von Einsichten, die auch für deutsche Leser hilfreich und anregend sind. Ausgehend von einer Gegenüberstellung der Begriffe „Meinungsäußerungsfreiheit“ und „political speech“ werden zunächst staatsphilosophische Hintergründe beleuchtet, wobei insbesondere auch das unterschiedliche Verständnis vom angemessenen „Hüter“ der grundrechtlichen Freiheiten angesprochen wird. Im Hauptteil geht der Autor dann detailliert der historischen Entwicklung der Meinungsäußerungsfreiheit in Österreich und Großbritannien nach. Besondere Aufmerksamkeit erfährt dabei und im Folgenden die EMRK, die sich in den beiden Rechtsordnungen durchaus unterschiedlich auswirkt: In Österreich, wo die Konvention Verfassungsrang besitzt, bewirkte ihre Inkorporation eine verstärkte Differenzierung nach den Inhalten von Meinungsäußerungen. Für das britische Recht werden demgegenüber die EMRK und die hierauf basierenden Verurteilungen Großbritanniens als jedenfalls mitursächlich für die Verfassungsreform präsentiert, als deren deutlichste Erscheinung der Human Rights Act aus dem Jahre 1998 erscheint. Diese in dieser Form für das britische Verfassungsrecht vorbildlose Kodifizierung bedeutet schon der Form nach eine Annäherung an kontinentaleuropäische Verfassungsmodelle. Dass darüber hinaus mittlerweile auch in materieller Hinsicht klare Annäherungen und Parallelen bestehen, wird deutlich, wenn abschließend der verbleibende Unterschied zwischen den Rechtsordnungen vor allem im Grad der Bindung legislativer Entscheidungen gesehen wird.
Steffen Augsberg (AU)
Prof. Dr., Professur Öffentliches Recht, Justus-Liebig-Universität Gießen.
Rubrizierung: 5.41 | 2.4 | 2.61 | 2.21 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Steffen Augsberg, Rezension zu: Stephan G. Hinghofer-Szalkay: Die Freiheit der politischen Meinungsäußerung. Wien/Köln/Graz: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33593-die-freiheit-der-politischen-meinungsaeusserung_40220, veröffentlicht am 15.11.2012. Buch-Nr.: 40220 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken