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Karl Albrecht Schachtschneider

Grenzen der Religionsfreiheit am Beispiel des Islam

Berlin: Duncker & Humblot 2010; 140 S.; 18,- €; ISBN 978-3-428-13505-9
Die muslimischen Migranten haben den „Islam zu einer Lebenswirklichkeit“ (5) in Europa gemacht. Eine nach dem Islam gelebte Lebensordnung sei jedoch mit der Verfassungsordnung des Grundgesetzes „schwerlich vereinbar“ (6). Die Verfassungsloyalität der Muslime sei angesichts der „Politizität des Islam fraglich” (115). Die Religionsfreiheit kann dem Verfasser zufolge ein Problem werden, wenn die „Religionsausübung politisch" wird. Daher sollten die Grenzen der Religionsfreiheit neu erfasst werden. Die starke Betonung des christlichen Selbstverständnisses in der Verfassung sei auf den „Werteverfall des totalitären Nationalsozialismus“ zurückzuführen. Die deutsche Verfassung sei einem Religionspluralismus „nicht gewachsen" (17). Die Religionsfreiheit stünde im Widerspruch zur politischen Freiheit, so Schachtschneider. Das Bundesverfassungsgericht habe richtig erkannt, dass eine unbegrenzte Erweiterung der aus einem Grundrecht hergeleiteten Befugnisse „zur Auflösung der Gesamtordnung führen" (20) würde. Der säkulare Staat sei nicht offen für „religiös bestimmte Politik" (23). Im Islam lasse sich das irdische Leben, die erste Welt, nicht vom Jenseits, der zweiten Welt, trennen. Das Rechtssystem der Umma, der muslimischen Gemeinschaft, sei von Gott bestimmt und daher seien beide Welten voneinander nicht trennbar. Die Dogmatik der Religionsfreiheit des Bundesverfassungsgerichts sei unvereinbar mit der politischen Freiheit des Bürgers. Die „islamische Solidarität" führe dazu, dass Muslime die Gesetze des „Gastlandes" (36) missachten können. Der Autor sieht die Gefahr, dass ein religiöser Mensch die Maximen seiner Religion einem anderen Bürger aufzwinge, was mit der „‚Bürgerlichkeit des Bürgers’ unvereinbar" (37) sei. Jeder Bürger habe das Recht auf Widerstand gegen die Kräfte, die die demokratische Ordnung beseitigen wollen. Eine solche Gefahr gehe vom Islam und nicht nur vom Islamismus aus, denn beide würden ein „Gemeinwesen, aber ohne Freiheit” (123) anstreben. Es ist das Gebot der Stunde, dass auch deutsche Muslime sich in einem demokratischen Diskurs mit diesen Argumenten auseinandersetzen.
Wahied Wahdat-Hagh (WWH)
Dr., Dipl.-Soziologe und Dipl.-Politologe.
Rubrizierung: 2.32 | 2.35 | 2.343 Empfohlene Zitierweise: Wahied Wahdat-Hagh, Rezension zu: Karl Albrecht Schachtschneider: Grenzen der Religionsfreiheit am Beispiel des Islam Berlin: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33603-grenzen-der-religionsfreiheit-am-beispiel-des-islam_40232, veröffentlicht am 04.05.2011. Buch-Nr.: 40232 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken