Assistierte Freiheit. Von einer Behindertenpolitik der Wohltätigkeit zu einer Politik der Menschenrechte
Philosoph. Diss. Utrecht; Begutachtung: M. Düwell. – Die Autorin fragt nach den Verpflichtungen der Gesellschaft gegenüber behinderten Menschen. Dies geschieht aus einer politisch- und moralphilosophischen Perspektive. Graumann wendet sich dabei gegen die Vorstellung von Behinderung als einem individuellen Problem, das mit einer körperlichen, geistigen oder psychischen, medizinisch zu behandelnden Schädigung einhergeht. Ihre Untersuchung basiert auf dem der UN-Behindertenrechtskonvention zugrunde liegenden weiten Diskriminierungsbegriff, also einem sozialen Modell von Behinderung, „demzufolge ein Mensch nicht in erster Linie durch seine individuelle Beeinträchtigung, sondern durch gesellschaftliche Barrieren, Benachteiligungen und Zuschreibungen von Andersheit behindert wird“ (13). Graumanns Ziel ist die Entwicklung einer angemessenen theoretischen Konzeption sozialer Gerechtigkeit. Sie erörtert die Modalitäten der UN-Behindertenrechtskonvention vor dem Hintergrund der Idee der Menschenrechte und hebt die Definition in der Konvention hervor, dass die formal gleichen Rechte von Behinderten in Bezug auf nicht behinderte Menschen missachtet werden, wenn diese durch die unterschiedlichsten Barrieren an einer vollen gesellschaftlichen Teilhabe gehindert und damit diskriminiert werden. Sie folgert, dass die in der Konvention verankerten spezifischen Rechte damit als Präzisierung der allgemeinen Menschenrechte wie dem Recht auf Arbeit, angemessenem Wohnraum, Bildung und Mobilität verstanden werden können. Da vielen behinderten Menschen das Recht auf Arbeit, Bildung, Mobilität und Wohnraum oft nur mithilfe sozialer Dienstleistungen gewährleistet werde, sieht Graumann deren Anspruch auf diese Dienstleistungen als eine Maßnahme zur Verhinderung von Diskriminierung als legitim an. Sie fordert darüber hinaus aber auch den Abbau vorhandener negativer gesellschaftlicher Stereotypen und Bewertungsmuster von Menschen mit Behinderung.