Skip to main content
Dirk Laabs

Der deutsche Goldrausch. Die wahre Geschichte der Treuhand

München: Pantheon 2012; 384 S.; brosch., 16,99 €; ISBN 978-3-570-55164-6
Mit der Versteigerung der UMTS-Mobilfunklizenzen wurden im Jahr 2000 mehr als 50 Milliarden Euro eingenommen – mit dem „Verkauf der gesamten ostdeutschen Volkswirtschaft nur 34 Milliarden Euro“ (341). Der Filmemacher und Autor Laabs ist der Ansicht, dass die Ostdeutschen ein Anrecht darauf haben, diesen relativ geringen Erlös erklärt zu bekommen. In dieser „wahre[n] Geschichte der Treuhand“ schildert er deshalb vorbehaltlos, was sich zwischen der Gründung der Treuhandanstalt als Insolvenzverwalterin in den letzten Monaten der DDR und ihrer Auflösung 2004 zugetragen hat – so weit dies zu recherchieren ist. Laabs kritisiert, dass wichtige Akten unter Verschluss gehalten werden. Dennoch gelingt es ihm, durch Auswertung der vorhandenen Erkenntnisse und auf der Basis von Interviews mit fast 100 Zeitzeugen, die er geführt hat, ein umfassendes Bild zu zeichnen. Das Buch basiert auf Arbeiten für einen Dokumentarfilm und ist chronologisch aufgebaut. Wichtige Ereignisse und zentrale Akteure werden dadurch aber leider nicht so kompakt und nachvollziehbar herausgearbeitet, wie es mit einer anderen Darstellungsstruktur möglich gewesen wäre – und wie dies etwa schon 1997 Michael Jürgs in „Die Treuhändler“ gelungen war. Zudem deckt sich die Einschätzung Laabs’, dass die Treuhand „ganz bewusst nicht effektiv demokratisch kontrolliert“ (343) wurde, z. B. nicht mit der wissenschaftlichen Erkenntnis von Jobst-Friedrich von Unger („Staatliche Kontrolle über die Treuhandanstalt“, 2002, Buch-Nr. 16562). Dennoch arbeitet Laabs einen wichtigen Teil der jüngeren deutschen Geschichte auf. Sie war geprägt von Vorgängen, für die es keine historischen Vorbilder gab, von falschen Annahmen über das DDR-Vermögen, von der Gier westdeutscher Unternehmen und von der zu spät erkannten Unmöglichkeit, die Ostdeutschen zu Akteuren der wirtschaftlichen Transformation zu machen – ihnen fehlte das Geld, um Unternehmen zu kaufen. Deutlich wird auch der Zusammenhang zwischen dem politisch nicht zu steuernden Sog der D-Mark und der Waren aus dem Westen, dem sich die Ostdeutschen hingaben, und dem Niedergang ihrer Betriebe. Trotz der Korruptionsfälle, für die Laabs vor allem die Vorgänge in Halle beispielhaft herausstellt, wird aber deutlich, dass die Treuhandanstalt oft doch versucht hat, an Betrieben und Arbeitsplätzen zu retten, was zu retten war. Die massiven Anfeindungen, denen Treuhand-Präsident Detlev Karsten Rohwedder ausgesetzt war, erscheinen im Rückblick irrational und tragisch, gingen sie doch seiner Ermordung durch die RAF voraus. Es ist zu hoffen, dass mit diesem Buch die Komplexität der Geschichte der Treuhand stärker ins gesamtdeutsche Bewusstsein rückt.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.315 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Dirk Laabs: Der deutsche Goldrausch. München: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33945-der-deutsche-goldrausch_40686, veröffentlicht am 12.07.2012. Buch-Nr.: 40686 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken