"Demokratie" im Diskurs politischer Parteien. Argentinien und Chile im Vergleich
Diss. Heidelberg; Begutachtung: D. Nohlen, K. von Beyme. – Zillas vergleicht in ihrer Analyse qualitativ die Demokratieauffassungen der politischen Parteien in Chile und Argentinien seit Mitte des 20. Jahrhunderts und situiert sich damit gleichermaßen in der vergleichenden Demokratieforschung wie in der politischen Ideengeschichte. „Was verstehen die Union Civica Radical [...] und der Partido Justicialista [...] Argentiniens sowie der Partido Socialista [...] und der Partido Demócrata Cristiano [...] Chiles unter ‚Demokratie', und inwiefern hat sich ihr Demokratieverständnis im Zeitraum 1950-2009 verändert?“ (17) Mit Blick auf diese zentrale Fragestellung entwickelt Zilla eine systematische Diskursanalyse, die, getragen von der Vorstellung, dass im Medium der Sprache präsente Ideen einen Unterschied machen, in „induktiv-qualitativer“ (28) Hinsicht Parteidokumente zu ihrem zentralen Gegenstand erhebt. Indes verzichtet ihr Ansatz aber auf eine unabhängige Definition demokratischer Praxis. Dieses Vorgehen wird im Rahmen der Analyse offenkundig problematisch, weil es die Gefahr birgt, das Verständnis der beteiligten Akteure über das, was Demokratie ausmachen soll oder eben nicht, zum alleinigen Bewertungsmaßstab – vermeintlich – demokratischen Regierens zu erklären. Ein Beispiel hierfür liefert etwa ihre Einschätzung des Militärputsches in Chile 1973. Nicht nur, dass sie historisch verunklarend die Todesumstände Salvador Allendes nicht adäquat benennt. Das autoritäre Pinochet-Regime wird – in Reaktion auf den von Allende vermeintlich angestrebten „Klassenkampf“ (97) – als „hochgradig stabil und reformerisch“ (97) apostrophiert, noch dazu wird die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit politischem Mord und Folter mit 2.000 Menschen angegeben – und damit um 50 Prozent niedriger, als in gängigen, konservativen Schätzungen. Hier war Stephan Ruderers Arbeit aus 2010 über das „Erbe Pinochets“ bereits wesentlich weiter – bedauerlich, dass Zilla sie nicht verwendet. Was also bleibt? Eine retrospektive Diskursrekonstruktion diverser Demokratieverständnisse in zwei lateinamerikanischen Ländern, die gerade an der behaupteten methodischen Innovation eines induktiven Vorgehens – wenn nicht scheitert, so doch strauchelt.