Kontrollierte Kontrolleure. Die Bedeutung der Zollverwaltung für die "politisch operative Arbeit" des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR
Diss. Leipzig. – Goll dokumentiert und analysiert in sieben Kapiteln die Zollverwaltung der Deutschen Demokratischen Republik. Zwar gilt die DDR-Geschichte als gut erschlossen, aber wie und unter welchen Bedingungen diejenigen arbeiteten, die an den Grenzübergangsstellen Fahrzeuge und Gepäck von Reisenden kontrollierten, war bisher eine Forschungslücke. Sie wird mit dieser Arbeit geschlossen. Ihr Aufbau folgt einer inneren Logik. Es geht zunächst um die Geschichte der Zollverwaltung und die Frage, wie das Amt den Warenverkehr zwischen West und Ost bis zum Mauerbau 1961 kontrollierte. Anschließend rückt das Ministerium für Sicherheit (MfS) ins Zentrum der Betrachtung. Es entwickelte „defensive Stabilisierungsstrategien“ (82). Dies hatte zur Folge, dass die Zollverwaltung für das MfS immer wichtiger wurde. In einem weiteren Kapitel wird die Zollverwaltung deshalb als „Deckmantel, Handlanger und Erfüllungsgehilfe“ (85) unter die Lupe genommen. Auch die Zusammenarbeit zwischen Zoll und MfS „auf dem Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung“ (224) wurde weiter intensiviert. Dann werden Fallbeispiele für die Aufgaben, Methoden und Befugnisse der Zollverwaltung, die für das MfS relevant waren, dargestellt. Den Kern des Buches bildet das sechste Kapitel über die kontrollierten Kontrolleure, denn die Zollbeamten kontrollierten nicht nur Reisende, sondern wurden auch selbst kontrolliert. „Das Ministerium für Staatssicherheit hatte nicht nur in allen Fragen der zollpraktischen Tätigkeit das letzte Wort, sondern auch bei sämtlichen Aspekten der Anleitung und Kontrolle.“ (287) Das MfS besetzte mit offiziellen und inoffiziellen Mitarbeitern entscheidende Stellen der Zollverwaltung, so wurde das Personal befehligt und kontrolliert. Außerdem wurden gezielt Schlüsselpositionen besetzt, um auch auf die Auswahl der Zollbeamten Einfluss nehmen zu können. Der Leiter des Instituts der Zollverwaltung hatte erkannt, dass, um Sicherheit zu gewährleisten, „ideologische Einsicht“ (288) nicht ausreicht: Materielle Anreize und Kontrolle dienten deshalb der Sicherung der Diktatur.