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Rudolf Boch / Rainer Karlsch (Hrsg.)

Uranbergbau im Kalten Krieg. Die Wismut im sowjetischen Atomkomplex. Band 2: Dokumente

Berlin: Ch. Links Verlag 2011; 387 S.; geb., 34,90 €; ISBN 978-3-86153-654-3
Dieses Buch ergänzt den gleichnamigen Studienband (siehe Buch-Nr. 41027) mit ausgewählten Schlüsseldokumenten aus mehr als 40 Jahren Uranbergbau in Sachsen und Ostthüringen. Ein besonderer Schwerpunkt wurde auf bisher unveröffentlichte Dokumente aus neu erschlossenen russischen Archivbeständen und erstmals ausgewertete Dokumente aus dem Bundesarchiv und die Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit gelegt. Insbesondere die Dokumente aus den Anfangsjahren der Wismut von 1946 bis 1953 sind aufschlussreich. In den frühen 1950er-Jahren ist die Wismut für ungefähr 25 Prozent der Welturanproduktion verantwortlich. So wird deutlich, wie wichtig die Urangewinnung im Erzgebirge für die sowjetische Politik dieser Jahre war. In den wesentlichen Fragen wurde direkt an Lawrenti Berija, Chef des Geheimdienstes NKWD und Mitglied des engen Kreises um Stalin, berichtet. Interessant ist es auch zu sehen, warum – entgegen mancher Legenden – die Arbeit in der Wismut eben nicht nach dem System der Zwangsarbeit des Gulag organisiert war. Neben der Notwendigkeit, einheimische Fachleute zu gewinnen, spielte das Engagement der betrieblichen Gewerkschaftsorganisation eine wichtige Rolle. So kam es zu einem System von Arbeitsanreizen und Privilegien, das zusammen mit dem großen Arbeitskräfteangebot nach dem Krieg dazu führte, dass sich die allermeisten Bergleute freiwillig rekrutieren ließen. Dennoch sind die frühen Jahre des Uranbergbaus vom Mangel geprägt, wie ihn etwa der „Bericht über die unnormale Lage in den Betrieben des Genossen Malzew“ (79) von 1947 schildert. Die Dokumente der späteren Sowjetisch-Deutschen Aktiengesellschaft Wismut geben Einblicke in das Innenleben des DDR-Herrschaftssystems weit über die Wismut hinaus. Eher kurios muten aus heutiger Sicht die vielfältigen, politisch akribisch gesteuerten Aktivitäten der Wismut in Sport – der heutige Fußball-Zweitligist FC Erzgebirge Aue ist eine ehemalige Betriebsmannschaft – und Kultur an. So informiert uns die „Kulturbilanz“ (355) aus dem Jahr 1988 genau über die Zahl der Kulturveranstaltungen der Kulturhäuser (9.925), ihre Besucher (690.834), den Buchbestand der Bibliotheken (307.198) und die Zahl der Ausleihen (276.920). Der Dokumentband ist nach den Regeln der Kunst ediert, die russischen Dokumente sind gut übersetzt und die Anmerkungen vermitteln wichtige Hinweise.
Sebastian Lasch (LA)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.314 Empfohlene Zitierweise: Sebastian Lasch, Rezension zu: Rudolf Boch / Rainer Karlsch (Hrsg.): Uranbergbau im Kalten Krieg. Berlin: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34198-uranbergbau-im-kalten-krieg_41028, veröffentlicht am 27.01.2012. Buch-Nr.: 41028 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken