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Ursula Birsl (Hrsg.)

Rechtsextremismus und Gender

Opladen u. a.: Verlag Barbara Budrich 2011; 337 S.; 33,- €; ISBN 978-3-86649-388-9
Seit einigen Jahren beschäftigt sich die Forschung mit dem Rechtsextremismus auch aus der Genderperspektive. Trotzdem weist der Erkenntnisstand immer noch große Leerstellen auf. Zum einen wurden bislang fast ausschließlich Frauen in den Blick genommen, zum anderen fehlen quantitative Studien. Zu beiden Forschungsdesideraten finden sich im Sammelband Beiträge. Im ersten Teil ordnen die Autoren das Thema aus verschiedenen theoretischen Blickwinkeln ein. So fasst Birgit Rommelspacher das gegenwärtige Wissen zu Motiven, Konzepten und Rollenverständnissen bezüglich des Geschlechterverhältnisses konzise zusammen und diskutiert es kritisch. Samuel Salzborn hingegen betritt weitgehend wissenschaftliches Neuland, indem er die Antisemitismustheorien hinsichtlich des Zusammenhangs von Antisemitismus und Gender analysiert. Im zweiten Teil sind Beiträge zu Geschlechterkonstruktionen versammelt, in denen die Autoren vornehmlich diskurstheoretisch vorgehen und dazu rechtsextreme Publikationen, aber auch Äußerungen von Frauen aus der sogenannten Mitte der Gesellschaft untersuchen. Im dritten Teil beschäftigen sich mehrere Autoren mit rechtsextremen Einstellungen bei Frauen und Männern. So werden die Daten der Bielefelder Langzeitstudie „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ erstmals genderspezifisch und -vergleichend ausgewertet. Dabei zeichnen sich nur geringe Unterschiede zwischen den Geschlechtern ab. Spannend ist der Beitrag von Nils Schuhmacher, der die Einstiegsprozesse in rechte Jungencliquen analysiert. Er greift dabei auf Daten einer qualitativen Längsschnittuntersuchung zurück und macht drei Muster für Einstiegsprozesse aus. Neben dieser Diversität an Männlichkeitskonstruktionen arbeitet der Autor zudem die Spannungsverhältnisse zwischen Konformität und Widerspruch heraus, sodass sich simple Erklärungen, die auf übersteigerte Männlichkeitsvorstellungen hinweisen, als unzureichend herausstellen. Insgesamt ist der Herausgeberin Ursula Birsl ein verdienstvoller Sammelband gelungen, der relevante Dimensionen des Verhältnisses von Rechtsextremismus und Gender behandelt, Forschungslücken schließt und nachdrücklich auf weiteren Forschungsbedarf hinweist.
Christoph Busch (CHB)
Dr., Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen.
Rubrizierung: 2.37 | 2.36 Empfohlene Zitierweise: Christoph Busch, Rezension zu: Ursula Birsl (Hrsg.): Rechtsextremismus und Gender Opladen u. a.: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34328-rechtsextremismus-und-gender_41201, veröffentlicht am 06.09.2012. Buch-Nr.: 41201 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken