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Steffen Grimme

Demokratieimpulse von außen. Legitimationsmöglichkeiten extern angestoßener Demokratisierung der EU

Marburg: Tectum Verlag 2011 (Politikwissenschaften 45); 130 S.; pb., 24,90 €; ISBN 978-3-8288-2695-3
Lässt sich die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) mit dem Ziel, die Demokratisierung in den Partnerländern zu unterstützen, völkerrechtlich legitimieren? Diese Frage sei eher zu verneinen, schreibt Grimme in dieser kurzen Studie, da in den Fallbeispielen Marokko und Ägypten folgende Indizien zu erkennen seien: Die Kooperation mit den Regimen finde unter Ausschluss der Bevölkerung statt, es seien keine Anzeichen einer tatsächlichen Reformorientierung der Regime zu erkennen sowie kontraproduktive Effekte der demokratiefördernden Maßnahmen und „keinerlei signifikante endogene Transformationsbestrebungen“ (110) zu beobachten. Zwar hat der Arabische Frühling die Feststellungen über das Mubarak-Regime obsolet werden lassen, die Untersuchungsergebnisse bleiben gleichwohl auch mit Blick auf künftige Kooperationen relevant. Grimme bescheinigt der EU, mit Ägypten in erster Linie gemeinsame wirtschaftliche und sicherheitspolitische Interessen verfolgt zu haben. Ihre Orientierung auf die autoritäre Regierung könne der EU aber als „Begünstigung der Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts der Völker ausgelegt werden“ (107) – vor allem, da das Regime am Erhalt des Status quo interessiert gewesen sei und die EU deshalb keine wirksamen Maßnahmen zur Liberalisierung und Demokratisierung habe durchsetzen können. In Marokko, dem zweiten Fallbeispiel, haben sich die Effekte der Demokratieförderung sogar ins Gegenteil verkehrt. Die Monarchie sei nur oberflächlich betrachtet reformgeneigt, aber auch dort unterliege die EU einer Fehlwahrnehmung der tatsächlich wirksamen Strukturen – einschließlich der schwachen Parteien und abhängigen Richter. Grimme stellt daher fest: „Die bewusste Berücksichtigung besonders der informellen Wirkungsmechanismen wie Patronage und Klientelismus würde eine komplette Überarbeitung der Strategie der EU zur Demokratieförderung [...] erforderlich machen.“ (96) Diese kritische, beispielhafte Bestandsaufnahme der ENP eröffnet nicht nur den Blick auf weitere Forschungsfragen, sondern wirft auch ein bemerkenswertes Schlaglicht auf die anfängliche, nicht zu übersehende Zurückhaltung der EU gegenüber den Revolutionären des Arabischen Frühlings.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 3.6 | 2.2 | 2.63 | 2.67 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Steffen Grimme: Demokratieimpulse von außen. Marburg: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34624-demokratieimpulse-von-aussen_41607, veröffentlicht am 29.03.2012. Buch-Nr.: 41607 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken