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Du-Yul Song / Rainer Werning

Korea. Von der Kolonie zum geteilten Land

Wien: Promedia 2012; 208 S.; brosch., 15,90 €; ISBN 978-3-85371-340-2
Lange Zeit war die koreanische Halbinsel aufgrund ihrer geopolitischen Lage und der darin begründeten Ansprüche und Begehrlichkeiten seiner Nachbarn ein Schlachtfeld konkurrierender Interessen. Daran hat sich bis heute nichts geändert, und die Region darf sich der medialen Aufmerksam gewiss sein, wenn die politischen Folgen einer Jahrzehnte alten Auseinandersetzung zum Schlagabtausch zwischen den Konfliktparteien führen, denn der Krieg, der das koreanische Volk trennte, ist formal nur durch den seit 1953 geltenden Waffenstillstand unterbrochen. Die wichtigsten Ereignisse und Entwicklungslinien haben die Autoren festgehalten, wobei sie schon in der Einleitung klarstellen, dass es sich bei diesem Band um kein lexikalisches Nachschlagewerk handeln soll. Die in sechs Kapiteln unterteilte Darstellung ist vielmehr ein Streifzug durch die jüngste Geschichte, der mit der Besatzungspolitik Japans beginnt und über den Koreakrieg und die Teilung des Landes, über die wechselseitigen Feindbilder, die Sonnenscheinpolitik Kim Dae Jungs und schließlich über die Suche nach neuen Feindbildern zu der Frage führt: „Quo vadis Korea?” Dabei konzentrieren sich die Autoren im Nachgang des Koreakrieges im Wesentlichen auf die Geschichte des Südens; Nordkorea erscheint als Teil einer gemeinsamen historischen Entwicklung häufig nur sehr schemenhaft. Umso detaillierter nehmen sich dafür Themen aus, über die in der Vergangenheit häufig der Mantel des Schweigens gelegt wurde, etwa die Vergewaltigung koreanischer Frauen durch die japanischen Besatzer oder auch die erschütternden Ereignisse in Gwangju im Jahr 1980. Hart gehen Song und Werning deshalb mit der südkoreanischen Regierung zu Gericht, und so ist die Stärke des Bandes, die Geschichte aus der koreanischen Perspektive erzählen zu wollen, zugleich seine größte Schwäche – durch diesen Betrachtungswinkel entsteht der Eindruck, dass die wahren Provokateure und Nutznießer nicht in erster Linie in Pjöngjang zu suchen seien. Fernab des westlichen Blickes ist die Studie daher ein wertvoller Denkansatz, der zu Widersprüchen herausfordern dürfte.
Michael Vollmer (MV)
M. A., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, TU Chemnitz.
Rubrizierung: 2.68 | 4.1 | 4.41 Empfohlene Zitierweise: Michael Vollmer, Rezension zu: Du-Yul Song / Rainer Werning: Korea. Wien: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34923-korea_41991, veröffentlicht am 07.06.2012. Buch-Nr.: 41991 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken