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Georg Pfleiderer / Alexander Heit (Hrsg.)

Sphärendynamik I. Zur Analyse postsäkularer Gesellschaften

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2011 (Religion – Wirtschaft – Politik 2); 390 S.; 39,- €; ISBN 978-3-8329-6246-3
Die auf zwei Bände angelegte Publikation (Band II siehe Buch-Nr. 41865) ist das Ergebnis eines großen schweizerischen Forschungsprojekts. Dieser erste Band wirft den Blick auf grundsätzliche theoretische Erörterungen zum Verhältnis von Religion, Wirtschaft und Politik. Zentral dabei ist der Einleitungsbeitrag von Werner Gephart, der Überlegungen über die theoretischen Grundelemente einer Theorie sozialer Sphären anstellt. Der Sphärenansatz grenzt sich ab von einer systemtheoretischen Perspektive, wie sie z. B. Niklas Luhmann entworfen hat, sowie von einer Theorie der Felder, mit der Pierre Bourdieu bekannt geworden ist. Nach Gephart wird in diesen Ansätzen nicht deutlich genug, was im Mittelpunkt des gesamten Forschungsprojektes steht: Die Analyse der Interferenzen zwischen den unterschiedlichen Sphären in modernen Gesellschaften. Anhand des Sphärenmodells legt Gephart zunächst ein Instrument zur Analyse von unterschiedlichen Mustern von Sphärenbeziehungen dar und beschreibt anschließend unterschiedliche Dimensionen der religiösen Sphäre. Aus politikwissenschaftlicher Sicht sind die Aufsätze von Dorothée de Nève und Uwe Justus Wenzel von großem Interesse. De Nève beschreibt in ihrem langen Beitrag auf der Grundlage des Sphärenmodells in einem theoretischen Entwurf, wie das Verhältnis von Politik und Religion auf systematische Weise analysiert werden sollte. Sie differenziert dabei zwischen einer Handlungs- und einer Bereichslogik der Sphären sowie „zwischen den Ebenen des Inhalts, der Prozesse und der Strukturen“ (61), um die wechselseitigen Beziehungen zwischen beiden Sphären zu erforschen. Wenzel beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit eine politische Theologie des demokratischen Rechtsstaates (hier verstanden als dessen Rechtfertigung) möglich beziehungsweise nötig ist. So bezeichnete „Präambelgötter“ (133) werden zur Klärung dieser Frage beispielhaft herangezogen, wozu ein religiöser Bezug in Verfassungspräambeln ebenso wie der Hinweis auf die Unantastbarkeit der Menschenwürde gehöre. Für Wenzel drücken beide Verweise in Verfassungen die Anerkennung einer Selbstbegrenzung der Politik aus und sie nehmen so die Funktion als „Grenzwächter“ (133) wahr. Letztlich sei eine politische Theologie möglich, jedoch für die Rechtfertigung des demokratischen Rechtsstaates nicht nötig. Insgesamt können die Beiträge und die Entwicklung des Sphärenmodells wichtige Impulse für die Analyse der Beziehungen von Religion zu anderen Gesellschaftsbereichen liefern.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.23 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Georg Pfleiderer / Alexander Heit (Hrsg.): Sphärendynamik I. Baden-Baden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35059-sphaerendynamik-i_42197, veröffentlicht am 31.05.2012. Buch-Nr.: 42197 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken