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Lucas Zeise

Euroland wird abgebrannt. Opfer, Profiteure, Alternativen

Köln: PapyRossa Verlag 2012; 142 S.; 11,90 €; ISBN 978-3-89438-483-8
Titel und zentrale These des Buches legen es zunächst nahe, es in der Schublade apokalyptischer Weltuntergangsszenarien zu verorten. Die Lektüre fördert dann jedoch eine erfrischend pointierte und durchaus sachliche Analyse zu Tage, in der der Autor aus seinen Sympathien für keynesianische und marxistische Überlegungen keinen Hehl macht. Grundstürzend neue Erkenntnisse liefert Zeise dabei nicht. Dennoch zeigt er durchaus nachvollziehbar auf, dass das Krisenmanagement der beteiligten Politiker nicht unwesentlich zur Verschärfung der gegenwärtigen Situation in der Eurozone beigetragen hat. Zeise prophezeit ein Scheitern der Währungsunion, die er im Kern für ein neoliberales Projekt hält. In einem ersten Schritt klassifiziert er – ganz in Marx’scher Tradition – die gegenwärtige Krise als eine „Überproduktionskrise“ (14). Ihr früherer Ausbruch sei nur deshalb verhindert worden, weil es in den vergangenen 30 Jahren zu einer „technologischen Revolution der Mikroelektronik und Informationstechnik“ (19), zur Erschließung neuer Märkte durch den Fall der sozialistischen Regime in Osteuropa sowie zu einer gigantischen Aufblähung des Finanzsektors gekommen sei. In der Analyse zum Platzen der Finanzmarktblase im Jahr 2007 und ihrer Folgen vertritt Zeise die Auffassung, dass der Fall von Lehman Brothers nicht – wie immer behauptet – der eigentliche Auslöser der Krise gewesen sei. Vielmehr sei die Bank selbst Opfer einer bereits zuvor bestehenden Kapital- und Kreditknappheit geworden. Nicht nur Lehman, sondern auch die deutsche Hypo Real Estate (HRE) sei zudem nicht systemrelevant und das in beiden Fällen eingeschlagene Krisenmanagement mithin falsch gewesen. Auch mit den inzwischen getroffenen Vereinbarungen zur Verschärfung des Maastrichter Stabilitäts- und Wachstumspaktes geht der Autor hart ins Gericht. So strebe der Fiskalpakt „die Verewigung der gerade eingeschlagenen Austeritätspolitik an“ (124) und berücksichtige zu wenig die makroökonomischen Leistungsbilanzungleichgewichte in der Euro-Zone. Am Ende kommt Zeise deshalb zu dem Ergebnis, dass die Veränderungen, die zum Erhalt der Währungsunion notwendig wären, „so grundlegend den Interessen derer [widersprechen], die sie aus der Taufe gehoben haben, dass es dazu nicht kommen wird“ (135). Alternativen zum derzeitigen Krisenmanagement zeigt Zeise – entgegen der Ankündigung auf dem Cover – nicht wirklich auf. Stattdessen begnügt er sich mit der Hoffnung, dass diese Finanz- und Wirtschaftskrise sich als finale „Krise des Neoliberalismus“ (142) erweisen möge.
Henrik Scheller (HS)
Dr. phil., Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa, Universität Potsdam.
Rubrizierung: 2.61 | 2.2 | 3.5 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Lucas Zeise: Euroland wird abgebrannt. Köln: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35067-euroland-wird-abgebrannt_42205, veröffentlicht am 03.01.2013. Buch-Nr.: 42205 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken