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Marcel Pott

Der Kampf um die arabische Seele. Der steinige Weg zur islamischen Demokratie

Köln: Kiepenheuer & Witsch 2012; 208 S.; 18,99 €; ISBN 978-3-462-04407-2
„Der arabische Frühling war kurz, doch er hat viele Fragen aufgeworfen, auf die es noch keine Antworten gibt“ (193) – etwa die, was unter einem politischen Islam zu verstehen ist und ob es eine islamische Demokratie geben kann. Diese Fragen kann auch der Journalist Marcel Pott unmöglich klären, wissen doch nicht einmal die politischen Akteure, wissenschaftlichen Beobachter und Journalisten, mit denen er für dieses Buch gesprochen hat, verlässliche Antworten. In seinem Feature gelingt es Pott aber, die Möglichkeiten und Perspektiven in der arabischen Welt nach den Revolutionen auszuloten. Sein Schwerpunkt liegt auf Ägypten. Präzise informiert er über Parteien und Protagonisten, über Auslegungsmöglichkeiten dessen, was der Islam in der Politik bedeutet, und über die Armee, die Politik, Wirtschaft und Verwaltung längst zutiefst durchdrungen hat und damit einen Machtfaktor darstellt, mit dem jeder Präsident, der regieren will, umzugehen hat. Weitere informative Kapitel sind Tunesien und Syrien gewidmet. Aufschlussreich sind ferner Potts Überlegungen dazu, dass die Revolutionen vor allem in den (ärmeren) Ländern erfolgreich waren, die für den Westen eine geringe wirtschaftliche und geostrategische Bedeutung besitzen – mit Ausnahme von Libyen. Als aber „der Aufstand in Bahrain schließlich von Truppen des Golf‑Kooperationsrates (GCC) unter saudischem Kommando mit äußerster Brutalität niedergeschlagen wurde, waren nur lahme Proteste aus Amerika und Europa zu hören“ (141). Auch die Haltung Russlands zum Syrien‑Konflikt führt er auf spezifische Interessen zurück, die allgemein darauf zielen, den Einfluss auf internationale Entscheidungsprozesse (etwa über Krieg und Frieden) zu erhalten, sowie konkret darauf, ein Übergreifen des Konflikts auf die Kaukasus‑Region (und damit deren Islamisierung) zu verhindern. Abschließend stellt Pott die nahe liegende Frage, ob die Türkei Modell für die Vereinbarkeit von Islam und Demokratie stehen kann. Einerseits habe sich dieser politische Islam als wandlungsfähig und wirtschaftspolitisch erfolgreich erwiesen, andererseits neige Premierminister Erdogan „zu autoritärem Gehabe“ (192). Die Antwort lautet damit auf ein entschiedenes Jein. Immerhin.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.63 | 2.67 | 2.22 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Marcel Pott: Der Kampf um die arabische Seele. Köln: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35159-der-kampf-um-die-arabische-seele_42331, veröffentlicht am 21.02.2013. Buch-Nr.: 42331 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken