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Juliane Schumacher / Gaby Osman

Tahrir und kein Zurück. Ägypten, die Bewegung und der Kampf um die Revolution

Münster: Unrast 2012; 259 S.; 16,80 €; ISBN 978-3-89771-045-0
Julia Schumacher, freie Journalistin in Kairo, und Gaby Osman, ägyptischer Aktivist, stellen Protagonisten vor, die die ägyptische Revolution maßgeblich mitbestimmt haben. Dabei räumen sie auch mit in westlichen Medien transportierten Darstellungen auf, die vorrangig gut organisierte, eher wohlhabende Revolutionäre mit digitalen Kenntnissen zeigten und ein Bild mit westlich orientierten Unterscheidungen wie religiöse Gruppen – nichtreligiöse Gruppen in ihren Beiträgen prägten. Schumacher und Osman greifen auf Interviews und Porträts zurück, reichern diese mit Analysen an und zeichnen so ein komplexes Bild: Das Militär stellte sich nicht zwischen Demonstrierende und Sicherheitsleute, schon gar nicht ergriff es Partei für die Aufständischen, sondern war immer Teil des alten Regimes. Wenngleich die Zeit nach der Revolution von einer euphorischen Stimmung unter den Demonstranten dominiert wurde, herrschte der Ausnahmezustand, in dem sämtliche staatliche Institutionen zusammenbrachen, das Militär sich erfolgreich als ein Teil der Revolution darstellen konnte und gleichzeitig das Machtvakuum für sich zu nutzen wusste. Die mit der Revolution entstandenen Hoffnungen wurden durch die Neuordnung der Politik teilweise erfüllt, zum Teil aber auch enttäuscht, wie Osman und Schumacher durch viele direkte Stellungnahmen der Revolutionäre belegen. Die Revolution führte dazu, dass sich die Macht innerhalb des Regimenetzwerkes verschob und nun Personen offizielle Ämter bekleiden, die auch vor dem Sturz Mubaraks Teil der politischen Elite gewesen waren, allerdings im Hintergrund agiert hatten. Zwar betonen beide Autoren: „Alles verändert sich. Alles ist im Fluss. So ist auch dieses Buch nur eine Momentaufnahme, ein Diskussionsbeitrag, subjektiv, unfertig und voller Fragen. Mit ungewissem Ausgang. Wie diese Zeit. (Und damit tausendmal besser als die Starre zuvor).“ (8) Doch ihr Buch ist weitaus mehr als nur eine Momentaufnahme, es ist eine klar strukturierte Analyse des ersten Jahres nach der Revolution, ihrer Protagonisten sowie der sozialen und politischen Lage in Ägypten.
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.63 | 2.25 | 2.23 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Juliane Schumacher / Gaby Osman: Tahrir und kein Zurück. Münster: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35168-tahrir-und-kein-zurueck_42341, veröffentlicht am 13.09.2012. Buch-Nr.: 42341 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken