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Christian Suter / Mark Herkenrath (Hrsg.)

World Society in the Global Economic Crisis. Hrsg. für die World Society Foundation

Wien/Berlin: Lit 2012 (World Society Studies 2011); 339 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-643-80073-2
Wer erinnert sich heute schon noch daran, dass vor etwas mehr als vier Jahren die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise mit der Pleite des Bankhauses Lehman Brothers ihren Anfang nahm? Zu sehr ist aus der Banken- mittlerweile eine Staatenkrise geworden, in der nicht nur ganze Volkswirtschaften, sondern das Leben vieler Millionen Menschen auf dem Spiel steht. Und das Casino – um in der Metapher zu bleiben – macht noch keinerlei Anstalten, zu schließen, im Gegenteil. Dieser gegenwartsdiagnostische Befund ist Grund genug, diesen Sammelband zur Hand zu nehmen, denn er bietet ein breites Repertoire an Interpretationen und Rekonstruktionen zur gegenwärtigen Krise: angefangen bei der historischen Rückschau auf die große Depression in den frühen 1920er-Jahren über die Auswirkungen von Finanzkrisen in verschiedenen Weltregionen von Afrika bis Südamerika bis hin zu der Frage, wie denn der gegenwärtig hegemoniale Neoliberalismus überhaupt so weit hat kommen können, die Welt in den Kapitalismus und dann an den Abgrund zu treiben. Im dritten Teil – wo derlei Fragen zum Neoliberalismus und seiner diskursiven Verbreitung diskutiert werden – hat der Band sicherlich seine größten Stärken, denn hier treten unter anderem Anknüpfungen zur aktuellen Postdemokratie- oder zur Hegemoniedebatte hervor. Bestechend ist dabei die abschließende Analyse von Robert Cox. Er fragt, ob sich angesichts der Krise in den USA eine Bereitschaft (im Sinne einer Einsicht in die Notwendigkeit) abzeichnen wird, die bisher allein ausgeübte Rolle globalen Leaderships mit anderen Staaten – und hier insbesondere mit China – zu teilen. Unabhängig davon, ob diese Fragestellung nicht die Zukunftsfähigkeit Chinas überschätzt, ein Festhalten an der Rolle eines globalen Hegemons würde – so die Einschätzung von Cox – in eine katastrophale Konfrontation globalen Ausmaßes münden. Im Fazit klingt das zwar etwas milder, aber nicht wirklich beruhigender: „One thing that is certain about future world order is its uncertainty. [...] One must face the worse possibility in order to work for a better one.“ (334) Indes – die Talsohle der Krise, also jene „worse possibility“, zeichnet sich auch mehr als vier Jahre nach der Schließung von Lehman Brothers nicht ab. Denn wenigstens das hat die Krise gezeigt: Schlimmer geht es immer.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.43 | 2.2 | 2.22 | 2.61 | 2.64 | 2.65 | 2.66 | 2.67 | 2.68 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Christian Suter / Mark Herkenrath (Hrsg.): World Society in the Global Economic Crisis. Wien/Berlin: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35387-world-society-in-the-global-economic-crisis_42644, veröffentlicht am 01.11.2012. Buch-Nr.: 42644 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken