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Mara-Daria Cojocaru

Die Geschichte von der guten Stadt. Politische Philosophie zwischen urbaner Selbstverständigung und Utopie

Bielefeld: transcript Verlag 2012 (Edition Moderne Postmoderne); 253 S.; 29,80 €; ISBN 978-3-8376-2021-4
Diss. LMU München; Begutachtung: J. Nida‑Rümelin. – Bereits 1985 konstatierte Jürgen Habermas, dass die städtische Lebensform und damit „der Begriff der Stadt selbst überholt“ (11) sei. Ausgehend von dieser Feststellung versucht die Autorin aber zu zeigen, dass der Begriff der Stadt kein konkreter und deshalb auch nicht veraltet sein kann. Nicht die gebaute Umwelt bedinge eine bestimmte Form von (städtischer) Gesellschaft – vielmehr zögen bestimmte Lebensformen ein bestimmtes normatives Verständnis von Stadt nach sich. Dies ist einer der zentralen Ausgangspunkte des gesamten Buches: Dominante gesellschaftliche Normen werden vor allem durch bauliche und soziale Strukturen in Städten verkörpert, während die hierdurch geschaffene städtische Normativität wiederum als Normalität auf Denk‑ und Verhaltensweisen ihrer Bewohner zurückwirkt. Gleichsam werde dabei oft übersehen, schreibt Cojocaru, dass auch das Denken in Alternativen seinen natürlichen Platz in der Stadt habe. Vor diesem Hintergrund stelle sich die Frage, wie wir eigentlich wissen können, „ob wir so, wie wir in den Städten leben, richtig leben“ (229), ob uns also nicht „schönere Alternativen zur Verfügung stehen“ (20). Die Autorin geht der Frage von der guten Stadt nach, indem sie aus der Perspektive einer politischen Philosophie die Normativität der Stadt analysiert. Zu diesem Zweck greift sie auf Utopien und Erzählungen vor allem von Platon, Le Corbusier und von Borries zurück. In kritisch‑konstruktiver Auseinandersetzung mit diesen zeigt sie zum einen, „dass die Stadt der vornehmliche Ort ist, an dem der Mensch das, was ihm von Natur gegeben ist, kreativ überschreitet“, um zum anderen gleich das Hauptproblem zu konstatieren, „dass sich der zeitgenössische normative Diskurs über die Stadt von dem Geschichtenerzählen darüber, wie wir uns dort einrichten könnten, verabschiedet hat“ (230). Eine gute Stadt, so das Schlussplädoyer der Autorin, sei dennoch möglich. Dies bedinge allerdings eine intensivere kommunikative Verständigung von Stadtgesellschaften über ihre normative Gestalt, über die Frage der gelungenen Vermittlung individueller und kollektiver Identitäten. Um eine solche Verständigung zu fördern, schlägt Cojocaru am Ende drei Wege vor: die Anwendung von Narrativen bei der Entwicklung von Bauvorhaben, die Integration stadthistorischen und baukulturellen Wissens in die schulische Bildung sowie die Institutionalisierung fächerübergreifender Forschungskooperationen.
Björn Wagner (BW)
Dipl.-Politologe, Doktorand und Lehrbeauftragter, Universität Jena.
Rubrizierung: 5.42 | 5.41 Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Mara-Daria Cojocaru: Die Geschichte von der guten Stadt. Bielefeld: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35476-die-geschichte-von-der-guten-stadt_42778, veröffentlicht am 21.03.2013. Buch-Nr.: 42778 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken