Skip to main content
Cornelia Fraune / Klaus Schubert (Hrsg.)

Grenzen der Zivilgesellschaft. Empirische Befunde und analytische Perspektiven

Münster u. a.: Waxmann Verlag 2012 (Zivilgesellschaftliche Verständigungsprozesse vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Deutschland und die Niederlande im Vergleich 9); 244 S.; brosch., 29,90 €; ISBN 978-3-8309-2370-1
Obgleich die politikwissenschaftliche Forschung zum Thema Zivilgesellschaft mittlerweile zu einer akademischen „Wachstumsindustrie“ (9) geworden ist, mangelt es weiterhin an einer klaren Definition dessen, was unter Zivilgesellschaft zu verstehen ist. In der Regel wird der Begriff eher in Abgrenzung zu anderen Bereichen, also negativ, definiert, wohingegen halbwegs eindeutige Kriterien für eine positive Charakterisierung weitgehend fehlen. Unter anderem haben etwa Klaus von Beyme oder Dieter Rucht versucht, den Begriff zu operationalisieren, indem sie ein normatives Ideal von Zivilgesellschaft definierten, um anschließend Kriterien zu entwickeln, mit deren Hilfe der erreichte Grad dieses Ideals in der Praxis gemessen werden kann. Die Autoren des Sammelbandes wählen hingegen einen anderen Weg, der den Begriff zugleich aus seiner normativen Umklammerung befreit. In einer einfachen Matrix wird zwischen materiellen und ideellen Interessen einerseits und zwischen innergesellschaftlichen und auf den politischen Entscheidungsprozess orientiertem Handeln andererseits unterschieden. Damit lässt sich der Begriff Zivilgesellschaft zumindest logisch recht eindeutig von politischen Gruppierungen, Interessenorganisationen und weltanschaulichen Gruppen abgrenzen. Die Autorinnen und Autoren untersuchen nun empirisch solche zivilgesellschaftlichen Vereinigungen, deren Handeln sich vor allem an den jeweiligen Grenzen der erwähnten Vierfeldermatrix bewegt. Sie versuchen darauf aufbauend, konkretere Kriterien zur Abgrenzung der zivilgesellschaftlichen Sphäre abzuleiten. So geht es in den ersten zwei Beiträgen am Beispiel der katholischen und evangelischen Schwangerschaftskonfliktberatungen um die Abgrenzung zwischen zivilgesellschaftlichem und weltanschaulichem Sektor. Anschließend werden in drei weiteren Beiträgen die Parteiwerdungsprozesse der Grünen, der GRAUEN sowie der Bewegungspartei an der Grenze zwischen zivilgesellschaftlicher und politischer Ebene diskutiert. Der Schnittstelle zwischen zivilgesellschaftlichem Engagement und Interessengruppierung sind vier Beiträge über Gewerkschaften, Verbraucherinitiativen und den ADAC gewidmet. In einer vergleichenden Gegenüberstellung der Ergebnisse fassen die Herausgeber eine ganze Reihe von Charakteristiken zusammen, die zwar den Begriff der Zivilgesellschaft nicht letztgültig definieren, im Sinne einer klareren empirischen Operationalisierung aber wertvolle Kriterien für die weitere empirische Forschung liefern.
Björn Wagner (BW)
Dipl.-Politologe, Doktorand und Lehrbeauftragter, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.331 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Cornelia Fraune / Klaus Schubert (Hrsg.): Grenzen der Zivilgesellschaft. Münster u. a.: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35510-grenzen-der-zivilgesellschaft_42833, veröffentlicht am 28.03.2013. Buch-Nr.: 42833 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken