Political Waters. Governmental water management and neoliberal reforms in Khartoum/Sudan
Diss. Bayreuth; Begutachtung: D. Müller‑Mahn. – Anne‑Sophie Beckedorf verfolgt mit ihrer Studie eine doppelte Strategie: Zum einen untersucht sie am Beispiel der sudanesischen Hauptstadt Khartoum und des umgebenden Großraums (Greater Khartoum), wie die Wasserversorgung im Zuge neoliberal inspirierter Privatisierungs‑ und Dezentralisierungsprozesse reformiert wurde. Die Daten, die sie während eines einjährigen Forschungsaufenthaltes und vor dem theoretischen Hintergrund akteursorientierter Ansätze über diese Mikroebene sozialer und politischer Machtprozesse erhoben hat, projiziert sie dann auf die Machtverhältnisse im Gesamtstaat. Für die konkreten Reformpolitiken zeichnet sich kein durchgängiger roter Faden ab, denn die neoliberalen Ökonomisierungsprozesse sowie ihre konkreten Folgen hängen immer von den sozialen und Machtverhältnissen in den einzelnen Stadtquartieren ab. Für die Makroperspektive des politischen Systems ergeben sich hingegen eindeutigere Befunde. Der Zugriff auf und die Versorgung mit Wasser erweist sich als eines der zentralen politischen Themen des Landes. Dennoch vermag es nicht zu einer nachhaltigen Repolitisierung der Gesellschaft beizutragen – Beckedorf beschreibt diese als eine Silent Society, also als eine durch weit verbreitete Unsicherheit, gegenseitige Verdächtigungen und dementsprechend unterausgeprägte Kommunikationsbereitschaft gekennzeichnete Gesellschaft. Der Neoliberalismus – im gegenwärtigen Diskurs eindeutig negativ konnotiert – erscheint in diesem Zusammenhang als eine unter vielen Distributions‑ und Politisierungslogiken, die jedoch, weil ihre Nebenfolgen nicht immer klar kalkulierbar seien, eine „hybrid nature“ (268) aufweise. Das Buch ist wegen seiner Materialfülle und den vergleichsweise reichhaltigen Illustrationen sowie der gekonnten Verzahnung von Mikro‑ und Makropolitik eine spannende Fallstudie, die auch jenseits ihrer konkreten Fragestellung Relevanz zu entfalten vermag.