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Michael Daxner / Hannah Neumann (Hrsg.)

Heimatdiskurs. Wie die Auslandseinsätze der Bundeswehr Deutschland verändern

Bielefeld: transcript Verlag 2012 (Edition Politik 10); 337 S.; kart., 32,80 €; ISBN 978-3-8376-2219-5
Der Vorfall bei Kunduz in Afghanistan im September 2009, bei dem zahlreiche Zivilisten durch einen Luftangriff auf Anforderung der Bundeswehr ums Leben kamen, hat nach Ansicht von Michael Daxner Deutschland verändert – es habe seine moralische Unschuld im Einsatz in Afghanistan verloren. Die Diskussion um diesen Vorfall ist Teil des in diesem Sammelband untersuchten Heimatdiskurses. Das Konzept Heimatdiskurs „bezeichnet die Summe aller diskursiven Praktiken und Strategien, die sich mit der Legitimation, Anerkennung und Bewertung von Politik und Truppeneinsatz außerhalb des nationalen Territoriums befassen“ (29). Damit verbunden ist die These, dass der Heimatdiskurs, der bei jeder Intervention im Ausland ausgelöst wird, die „öffentliche Meinung, die Wechselwirkung von Medien und Öffentlichkeit, die Hintergründe politischer Entscheidungen und die Legitimationspolitik für Auslandseinsätze und globale Bündnispolitik“ (70) strukturiert. Der Anspruch der Autorinnen und Autoren ist es, sowohl den Diskurs zu analysieren als auch seine Wirkung zu erforschen. Michael Daxner legt in seinem Aufsatz einige Veränderungen im Heimatdiskurs durch die Einsätze im Kosovo und in Afghanistan dar und vertritt die These, dass militärische Interventionen normal geworden seien. Der Diskurs sei jedoch noch nicht abgeschlossen und lasse daher Raum für demokratisches Verhandeln. Michael Daxner und Hannah Neumann betonen aber, dass sich die Forschung zu dem Ansatz erst am Anfang befinde und gerade die Wirkungsanalyse äußerst schwierig sei. Eine Kritik dahingehend, dass dies im Buch also nicht geleistet wird, geht somit fehl. Was der Sammelband jedoch leistet, ist über verschiedene Ausschnitte des Heimatsdiskurses die Tragfähigkeit des Ansatzes zumindest in den diskursanalytischen Dimensionen aufzuzeigen. Die Themen der Beiträge umfassen unter anderem die Darstellung der afghanischen Zivilbevölkerung und Kombattanten, den Wandel des Soldatenbildes oder die Truppenbesuche von Politikern. Insgesamt handelt es sich um ein spannendes Projekt, das sich schon gelohnt hätte, wenn es hinsichtlich der Diskursanalyse systematische, über den Einzelfall hinausgehende Erkenntnisse erbringen würde. Angesichts der bekannten Schwierigkeit einer Wirkungsforschung zu Medieninhalten darf man jedoch eher skeptisch sein, ob die Verbindung von Diskurs und Wirkung überhaupt jemals eindeutig nachgewiesen werden kann.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.35 | 2.333 | 4.21 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Michael Daxner / Hannah Neumann (Hrsg.): Heimatdiskurs. Bielefeld: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35770-heimatdiskurs_43392, veröffentlicht am 25.04.2013. Buch-Nr.: 43392 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken