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Jessie Hronešová

Everyday Ethno-National Identities of Young People in Bosnia and Herzegovina

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2012 (Prager Schriften zur Zeitgeschichte und zum Zeitgeschehen 5); 116 S.; pb., 17,95 €; ISBN 978-3-631-63275-8
Der Jugoslawienkrieg sowie seine nachträgliche Bewertung durch politische und religiöse Eliten haben dazu geführt, dass sich die auf dem Balkan lebenden Menschen auf neue Weise mit ethnischen Gruppen und Nationen identifizieren. Im heutigen Bosnien und Herzegowina gibt es eine Vielzahl ethnischer Gruppen, die isoliert voneinander leben, sodass das Land als tief gespalten bezeichnet werden muss. Jessie Hronešová wendet sich in ihrem Buch der bosnischen Jugend zu, weil diese an der Entstehung des Konflikts nicht beteiligt war, aber von den Auswirkungen unmittelbar betroffen ist. Konkret untersucht sie, wie die ethnisch verarmte und segregierte Gesellschaft sowie die (wenn überhaupt vorhandenen) wenigen Erfahrungen mit dem sozialistischen Staat bei Jugendlichen in Bosnien und Herzegowina zu einem Verständnis von „den Anderen“ führen. Die Autorin hat sowohl ausgiebige Feldforschung (Interviews in Sarajevo und Banja Luka sowie im ländlichen Ost‑ und Südostbosnien) betrieben als auch die von Fredrik Barth entwickelte Theorie zur Identitätsbildung kritisch hinterfragt. Nach dieser ist die Ethnizität nur von sekundärer Wichtigkeit für die Identität. Wie die Autorin durch die von ihr geführten Interviews feststellt, sind sowohl ethnische als auch nationale Momente nicht trennscharf voneinander abzugrenzen, sondern tragen gemeinsam zur Identitätsbildung bei. Besonders maßgeblich für die Identität der Jugendlichen sei die Religion, weil sie durch vorgegebene Werte ihre Sprache, die Namensgebung sowie praktizierte Traditionen und Lebensweisen in besonderer Weise präge. Die religiöse Zugehörigkeit werde in Bosnien durch die elterliche Abstammung definiert und von den Jugendlichen als primordial und angeboren verstanden. Die dadurch bedingte rigide ethnisch‑nationale Identität sei jedoch gerade nicht, wie von Barth in seiner Theorie vertreten, durch sozialen Kontakt geformt worden, sondern vielmehr durch die nicht vorhandene Kommunikation zwischen den Gruppen.
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.61 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Jessie Hronešová: Everyday Ethno-National Identities of Young People in Bosnia and Herzegovina Frankfurt a. M. u. a.: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35935-everyday-ethno-national-identities-of-young-people-in-bosnia-and-herzegovina_43706, veröffentlicht am 14.07.2013. Buch-Nr.: 43706 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken