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Kim C. Priemel / Alexa Stiller (Hrsg.)

NMT. Die Nürnberger Militärtribunale zwischen Geschichte, Gerechtigkeit und Rechtschöpfung

Hamburg: Hamburger Edition 2013; 928 S.; geb., 49,- €; ISBN 978-3-86854-260-8
Gerne bezeichnen Verlage umfangreichere Sammelbände als Handbuch, seltener geschieht dies zu Recht. Die Hamburger Edition hat ihren fast tausend Seiten starken Band über die Nürnberger Prozesse dagegen nicht als Handbuch ausgewiesen, obwohl sie dazu allen Grund gehabt hätte. Wer immer sich in Zukunft über die Nürnberger Militärtribunale (NMT), die sogenannten Nachfolgeprozesse des Nürnberger Prozesses bzw. des Internationalen Militärtribunals (IMT) informieren will, wird zu diesem Buch greifen. Einleitend skizzieren Kim C. Priemel und Alexa Stiller den Forschungsstand, legen den Ansatz des Buches – eine „multiperspektivische und multidisziplinäre Analyse auf einer breiten empirischen Grundlage“ (26) – dar und bündeln Befunde zu den Ursprüngen, dem Verlauf und den Folgen des Programms zur juristischen Aufarbeitung der NS‑Diktatur und ihrer Kriegs‑ und Völkermordpolitik. Die Autorinnen und Autoren des ersten Teils konzentrieren sich auf die einzelnen Verfahren, in denen sich jeweils hochrangige Funktionäre des NS‑Regimes aus den Bereichen staatliche Verwaltung, Militär, Wirtschaft und NS‑Bewegung verantworten mussten. Der zweite Teil behandelt „Hintergründe – Akteure, Recht, Rezeption“. Hier werden zentrale juristische Fragen diskutiert, so im Beitrag von Daniel Marc Segesser der Tatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder bei Lawrence Douglas das Problem des Rückwirkungsverbots, mit dem sich schon der Hauptankläger Robert H. Jackson in der Eröffnungsrede des IMT auseinandersetzte. Segesser schreibt: Das „Thema belastete viele Prozesse, welche die Alliierten in den Nachkriegsjahren anstrengten“ (723). Indes kann Markus Urban in seinem Beitrag über die Wahrnehmung der NMT in der westdeutschen Bevölkerung auch aufzeigen, dass dieses Motiv – wie auch der Hinweis auf andere „angebliche Mängel im Verfahren“ (707) – von den Verteidigern bewusst mobilisiert und von der deutschen Öffentlichkeit dankbar aufgenommen wurde. Die Verteidiger als Akteure und ihre Strategien werden an zwei exemplarischen Beispielen thematisiert, auch Richter, Ankläger und jüdische Zeugen werden vorgestellt. Der dritte Teil bringt eine Reihe höchst nützlicher Tabellen und Grafiken.
Gideon Botsch (GB)
Dr., Dipl. Pol., wiss. Mitarbeiter, Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien Potsdam (http://www.mmz-potsdam.de).
Rubrizierung: 4.1 | 2.312 | 2.313 Empfohlene Zitierweise: Gideon Botsch, Rezension zu: Kim C. Priemel / Alexa Stiller (Hrsg.): NMT. Hamburg: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36019-nmt_43812, veröffentlicht am 01.08.2013. Buch-Nr.: 43812 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken