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Ronald Coase / Ning Wang

Chinas Kapitalismus. Weg ohne Plan und Zukunft? Aus dem Amerikanischen übersetzt von Nina Sattler-Hovdar

Stuttgart: Schäffer-Poeschel 2013; XIII, 301 S.; 29,95 €; ISBN 978-3-7910-3266-5
Chinas Kapitalismus in kommunistischem Gewand fasziniert durch seine nach westlichen Maßstäben kaum mehr vorstellbaren Wachstumsraten – doch die sind, wie Ronald Coase und Ning Wang in ihrem Buch argumentieren, keinesfalls Ergebnis eines groß angelegten Entwicklungsplans der Kommunistischen Partei. Sie sind unvorhersehbare Ergebnisse eines kaum zu steuernden Wandlungsprozesses hin zu einer Marktwirtschaft, der als „sozialistische Modernisierung“ (184) alles andere als abgeschlossen ist. Das postmaoistische China, bei dem die Autoren mit ihrer Analyse ansetzen, erscheint ihnen weitgehend orientierungslos und von der Kulturrevolution ausgezehrt, am Boden. Das Land stand da, „ohne einen strategischen Fahrplan in der Hand, ohne ein bestimmtes Ziel vor Augen“ (2). 1976, dem Jahr von Maos Tod, zählte China mit seinem Bruttoinlandsprodukt zu den ärmsten Ländern – „2010 war China die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt“ (238). In den dazwischen liegenden 34 Jahren habe das Land – betrachtet man die ökonomischen Kennzahlen – einen wirtschaftlichen Wandel vollzogen, der von den jeweiligen Führungen immer als sozialistische Revolution konzipiert, dabei aber immer auch massiv von anderen Einflüssen abhängig war: durchgängig vom Konfuzianismus und punktuell von diversen Hungersnöten und Protesten, von denen die Studentenunruhen von 1989 mitsamt des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens die wohl weitreichendste öffentliche Beachtung erfahren haben. Dazwischen liegen wirtschaftspolitische Reformagenden der Kommunistischen Partei, die einerseits einen staatlich gelenkten Sektor (und dabei insbesondere die Landwirtschaft) weiter zu protegieren versuchte, die andererseits aber auch Sonderwirtschaftszonen gründete und so Freiräume für eine individuelle Wirtschaftstätigkeit schuf: „Die Präsenz dieser beiden parallelen Reformen – die eine staatlich gelenkt, die andere von der Basis ausgehend – ist in der wirtschaftlichen Transformation ein unbestreitbares Faktum.“ (192) Und obwohl dieser Prozess von Lenkung und Selbstlenkung ökonomisch gesehen atemberaubend erfolgreich gewesen ist – ein großer Wurf der Kommunistischen Partei sei nicht zu konstatieren, wie die Autoren in ihrem Nachwort betonen: „Im ewigen Streben nach Glück und Würde im Leben der Menschen ist die Geschichte von Chinas Weg in den Kapitalismus [...] nur ein kleiner Sprung nach vorn.“ (248)
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.68 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Ronald Coase / Ning Wang: Chinas Kapitalismus. Stuttgart: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36067-chinas-kapitalismus_43978, veröffentlicht am 15.08.2013. Buch-Nr.: 43978 Rezension drucken