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Susanne Schröter (Hrsg.)

Geschlechtergerechtigkeit durch Demokratisierung? Transformationen und Restaurationen von Genderverhältnissen in der islamischen Welt

Bielefeld: transcript Verlag 2013 (global local Islam); 321 S.; kart., 29,80 €; ISBN 978-3-8376-2173-0
Das große Fragezeichen im Titel dieses Bandes markiert eine der oft unterdrückten Debatten des Feminismus: In welchem Verhältnis stehen die Kämpfe um Geschlechtergerechtigkeit und um demokratische politische Mitbestimmung? Die in dem Band versammelten zehn Aufsätze geben einen kurzen Überblick über die neuere Geschichte, den aktuellen Zustand und die zukünftigen Möglichkeiten der Frauenbewegung in ihren jeweiligen Ländern. Durch den ausschließlichen Fokus auf die islamische Welt werden gängige Vorstellungen von einem einfachen Hand‑in‑Hand von Emanzipation und Demokratie aufgerüttelt. Die Autor_innen zeigen, dass die Bewegungen von Modernisierung, Demokratisierung und Emanzipation bisweilen auch gegeneinander arbeiten können. Dies erweist sich etwa im Iran, wo der Sturz der Monarchie durch die islamische Revolution den Frauen zwar einerseits eine völlige rechtliche Apartheid, andererseits aber auch viele Verbesserungen der Grundversorgung, der Bildung und des Lebensstandards einbrachte. Ein weiteres Beispiel sind die Entwicklungen in Afghanistan, wo die Installierung von Frauenrechten direkt mit der militärischen und kulturellen Invasion durch den Westen verbunden ist, während die junge Demokratie keine Berührungsängste mit den Taliban mehr zu haben scheint und demokratische Mehrheiten wohl auch gegen die Frauen des Landes hergestellt werden können. Ganz anders ist die Situation in Ägypten, wo sich durch die starke Stellung des eigenen Militärs das Ringen um Gerechtigkeit auf eine ganz andere Ebene, nämlich die kulturelle, zu verlagern scheint. Die beiden Pole des Kampfes sind zum einen die Frauen und zum anderen der patriarchal ausgelegte Islam. An vielen Stellen läuft die Debatte damit auf die Gretchenfrage heraus: Nun sag, Feminismus, wie hast du's mit der Religion? Ist ein islamischer Feminismus möglich oder nötig? Obwohl die Autor_innen hier nicht in die Tiefe gehen können, werden die Grundlinien der für den europäischen Diskurs oft so undurchsichtigen Gemengelage aus Frauenbewegung, Islam, Demokratiebewegung und Antikolonialismus anschaulich erklärt.
{FG}
Rubrizierung: 2.27 | 2.22 | 2.63 | 2.68 Empfohlene Zitierweise: Florian Geisler, Rezension zu: Susanne Schröter (Hrsg.): Geschlechtergerechtigkeit durch Demokratisierung? Bielefeld: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36101-geschlechtergerechtigkeit-durch-demokratisierung_43411, veröffentlicht am 22.08.2013. Buch-Nr.: 43411 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken